Ein beeindruckendes Unterfangen, Briefe, Fotos, sonstige Dokumente und persönliche Erzählungen und Erinnerungen als Trittsteine zu nutzen, um die Geschichte der gesamten eigenen Familie zur Zeit des Dritten Reiches zu erzählen.
Und das mit vergleichsweise wenigen Worten, mit viel Bildsprache, die diese dramatische Zeit in atmosphärischen, düsteren Illustrationen zeigt. Das Zusammenwirken von Worten von Zeitzeugen und den starken Bildern schafft einige sehr beeindruckende Seiten in diesem Graphic Novel.
Besonders die Kriegserlebnisse, die aus Briefen wiedergegeben und zitiert werden, geben ein sehr intensives und berührendes Bild, gerade auch in Gegenüberstellung zu den Erlebnissen der restlichen Familie im bombardierten Deutschland, vor allem aus der Kindersicht von Karl Leo.
Ich bin sonst keine Leserin von Graphic Novels, dafür mag ich schöne Sätze und lange Texte zu sehr, wahrscheinlich hätte ich daher diese Familien- und Zeitgeschichte lieber als konventionelle Geschichte gelesen. An vielen Stellen bin ich zumindest für mich an die Grenzen des Mediums gestoßen, da es mir zwischen den vielen verschiedenen Figuren anhand von Illustrationen und Erzählinformationen nicht ganz möglich war zu folgen, bei wem wir gerade sind und mit wem wir gerade die Ereignisse erleben.
Das liegt aber zum Teil daran, dass in Text und Abbildungen manche Informationen, die zum Folgen nötig wären, schlicht und einfach fehlen.
So wird über Peter auf S. 108 gesagt, dass er Ende des Jahres 1940 Infanterist wird, danach folgen vor allem die Erlebnisse des älteren Bruders in Russland. Dann, auf S. 164 und inzwischen im Jahr 1942, erfahren wir "Peters Ruhezeit nach der Rückkehr vom Westfeldzug ist nicht von langer Dauer" - diese Stelle ist mir am meisten aufgefallen, weil ich da wirklich noch einmal komplett zurückblättern musste, weil ich dachte ich hätte diese Information übersehen, aber dazwischen werden er oder sein Aufenthaltsort tatsächlich nicht erwähnt.
Solche Momente haben mich leider sehr aus der Atmosphäre und der Handlung geworfen, dabei hätte man sich ja hier, selbst wenn es keine zitierbaren Briefquellen gibt, einfach mit einem Halbsatz (z.B. "wird Infanterist und wird an die Westfront geschickt") behelfen können.
Insofern liegt es wohl nicht nur am Medium, welches mir allerdings auch zumindest hier nicht immersiv genug ist, sondern auch am Erzählstil selbst... Schade, denn die Kombination von historischen Fakten und persönlichen Erfahrungsberichten, kombiniert mit den zum Teil sehr stimmungsvollen, beeindruckenden Illustrationen hätte mich eigentlich emotional viel mehr bewegen können.