Ich mochte schon den ersten Band der Lichtenberg-Reihe sehr gerne, doch dieser hier hat mich noch mehr berührt. Sowohl mit Nora als auch mit Liam konnte ich mich gleich identifizieren. Beide haben in ihren Familien mit ganz unterschiedlichen Problemen zu kämpfen und doch so viel gemeinsam. Es fällt ihnen zum Beispiel schwer, Hilfe anzunehmen und beide leiden unter hohem Druck und dem eigenen (und Nora auch dem elterlichen) Perfektionismus.
Die Geschichte wird aus beiden Perspektiven erzählt, wodurch man besonders viele Einblicke in ihr Umfeld und ihre Gefühlswelt erhält. Besonders gefreut haben mich natürlich die Wiedersehen mit Juna und Noras Bruder Leo, den Protagonisten aus Band 1. Sowohl Liam als auch Nora waren wunderbar ausgearbeitet und hatten so viele wundervolle Details. Auch die Nebenfiguren haben mir alle sehr gefallen. Jede hat ihren Beitrag zur Story geleistet und es war schön zu lesen, wie sich auch diese Beziehungen im Verlauf der Handlung verändert haben.
Was ich auch mochte, war, dass nicht alles bis ins kleinste Detail erzählt wurde. Was Liam und seine Geschwister als Kinder durch ihre Eltern konkret durchgemacht haben, erfahren wir bspw. nicht. Mir gefällt es, dass die Autorin uns hier zum einen Spielraum für die eigene Fantasie lässt und uns außerdem nicht mit den Details eines Traumas konfrontiert, das für manche Lesende zu intensiv sein und den Fokus von der eigentlichen Aussage und der wunderbaren Atmosphäre des Buches nehmen könnte.
Da das Genre Faithful New Adult ist, spielt das Thema Glaube in diesem Buch eine Rolle. In der ersten Hälfte kam es bedingt durch die Story und die Charaktere noch nicht allzu viel vor, im Verlauf wurde es dann mehr. Ich selbst habe mit Gott absolut nichts am Hut. Trotzdem fand ich es schön zu lesen, wie der Glaube einigen Figuren in unterschiedlichen Situationen Stärke und Stabilität gibt und wie andere in sich gegangen und ihren Glauben wiedergefunden haben. Ich denke, wenn ich in einer freien Gemeinde mit einem so coolen Ostergottesdienst aufgewachsen wäre, wie er in diesem Buch vorkommt, hätte ich zu der ganzen Sache auch ein anderes Verhältnis. :)
Am Ende kam dann der große Knall. Ich fand es toll, dass es so viele Handlungsstränge gab, die hier für ordentlich Spannung gesorgt haben. Oft hat man in Liebesromanen ausschließlich die romantischen Probleme der Protagonisten und das Finale fühlt sich für mich häufig nach konstruiertem Überdrama an. Dies war hier überhaupt nicht der Fall. Ganz im Gegenteil. Es wurde gleich noch für Band 3 Spannung aufgebaut und ich kann es gar nicht erwarten, diesen zu lesen! Ich liebe, liebe, liebe Geschichten, in denen medizinische Thematiken eine Rolle spielen, und bin deshalb sooo gespannt, wie es mit Julius weitergeht. Am liebsten hätte ich noch einen vierten Band zu Silas. :D
Fazit: Eine berührende Wohlfühl-Story mit lebendigen und authentischen Protagonisten zum Mitfühlen und Mitfiebern. Schwierige Familienverhältnisse (und daraus resultierende Alkoholsucht), eine Liebe mit Klassenunterschieden, Selbstzweifel und Glaubensfragen all das wird bildhaft und einfühlsam beschrieben. Perfekt geeignet für Lesende, die Geschichten mit starken Botschaften lieben, aus denen man etwas fürs Leben mitnehmen kann. Man kann die Bände übrigens unabhängig voneinander lesen. Ihr braucht also nicht erst Band 1 zu lesen, auch wenn ich ihn nur empfehlen kann!