Das Sommerfest

Cape Cod ist Amerikas Rückzugsort der Schönen und Reichen. Hier spielt der Familienroman von Adrienne Brodeur. Wir haben das Jahr 2016. Der renommierte Walforscher Adam Gardener sieht seinem 70. Geburtstag entgegen. Sein Verhältnis dazu ist zwiegespalten. Er sieht die Endlichkeit seines Daseins und hadert damit. Kurzentschlossen setzt er heimlich seine Medikamente gegen die bipolare Störung ab. Fortan wähnt er sich in einem Schaffensrausch, steuert tatsächlich aber auf eine Katastrophe zu. Seine Kinder Abby, eine begnadete Künstlerin, und Ken, ein erfolgreicher Machtmensch, bereiten sich sehr unterschiedlich auf die Festivitäten vor. Das große Fest schlägt dann wirklich wie erwartet große Wellen und bildet einen Wendepunkt im Leben aller Beteiligten. Auch für Steph, die nach Cape Cod gekommen ist, um ihre Wurzeln zu finden, und die endlich ihr Dasein erden kann. Brodeur weiß ihre Leserschaft zu berühren und mitzureißen. Die Protagonisten werden auf dem Papier lebendig, ihre Eigenschaften treten deutlich aus den Zeilen hervor. Als Leser bleibt man nicht ein Außenstehender, sondern ist ein stiller Beobachter mitten im Auge des Geschehens. Es ist wirklich ein wunderbares Buch, das Vera Teltz einfach perfekt als Hörbuch für den Argon Verlag eingelesen hat.

Zu Beginn wusste ich nicht so recht, wohin die Geschichte steuert, was ich von ihr erwarten darf und was sie mir erzählen will. Am Ende weiß ich, dass es um Familie geht. Um Zusammenhalt und Liebe, aber auch darum, dass die Menschen, die uns am meisten bedeuten, uns so sehr verletzten können, dass es uns unmöglich scheint darüber zu sprechen. Das macht es zu einem sehr feinfühligen und tiefschürfenden Buch, das etwas Zeit braucht, um seine Botschaft zu vermitteln. Im ersten Moment wirken die Figuren alle etwas eigenwillig, phasenweise unsympathisch. Die Szenen sind banal bis besorgniserregend. Das Setting wildromantisch, aber auch einsam. Daraus entsteht eine Mischung, die nie langweilig ist und am Ende perfekt zusammenpasst. Ich bin froh dieser weisen Geschichte eine Chance gegeben zu haben.