Ein beeindruckendes Cover und ein beeindruckendes Buch!
Ein junger Meteorologe beobachtet die allmähliche Entwicklung eines Sturms und beschreibt sein Heranwachsen so, als ob es sich um ein Lebewesen handele. Jeder Sturm ist seiner Meinung nach ein Individuum mit einer eigenen Persönlichkeit, und so gibt er seinem Sturm auch einen Namen: er heißt Maria.
Ein Sturm ist keine klimatische Laune, sondern entsteht durch eine Vielzahl von globalen und komplexen Bedingungen, die der Autor mit großer Genauigkeit und Expertise nachzeichnet. Das hört sich trocken an, ist aber spannend zu lesen: wie und warum sich die neugeborene Maria entwickelt, wächst, lebhafter wird und schließlich zu einer gefährlichen und verheerenden Naturgewalt die Menschen in Kalifornien bedroht.
Kleinste Ereignisse haben große Auswirkungen, und diesen kleinsten Ereignissen widmet Stewart viel Raum und spart nicht an Details. Maria braust mit gewaltigen Wassermassen und Schneefällen über Kalifornien hinweg, und wir lesen z. B. von einer Eule, die den Draht einer Telefon- Hochspannungsleitung berührt und damit letztendlich den Tod eines jungen Monteurs nach sich zieht. Ebenso liebevoll, aber immer realistisch zeichnet der Autor die Auswirkungen des Schneefalls z. B. auf eine Kiefer nach, deren Astbruch ebenfalls weitreichende Konsequenzen hat. Im Mittelpunkt stehen aber die Auswirkungen auf die Menschen. Er stellt uns einzelne Menschen oder Menschengruppen vor, die nur durch den Sturm und dessen Auswirkungen miteinander verbunden werden. Es sind spannende kleine Geschichten, die der Autor erzählt: von einem jungen Paar, das im Auto unterwegs ist, vom Oberinspektor der Straßenverwaltung, der mitten im Schneechaos die Räumung eines Gebirgspasses organisiert, von einem Piloten oder von Reisenden im Zug und so fort.
Der Roman ist über 80 Jahre alt und stammt aus einer Zeit, in der Telefonfräulein die Verbindungen per Hand stöpselten und in der die Wetterkarten ebenfalls per Hand gezeichnet und die Wetterprognosen aufgrund des persönlichen Erfahrungsschatzes erstellt wurden. Trotzdem hat dieser Roman nichts von seiner Aktualität verloren, im Gegenteil: ich finde ihn beeindruckend brisant. Der Sturm ist hier Teil einer Natur, die nicht nach Gut und Böse fragt und auch nicht nach wirtschaftlichen Bedürfnissen. Er setzt sich über politische Grenzen hinweg und gehorcht nur seinen eigenen Gesetzen. Stewart zeigt sehr deutlich, dass der Mensch die Naturgewalten nicht kontrollieren kann, aber und das macht die Aktualität des Buches aus dass mit Kooperation, mit Verantwortungsgefühl, mit menschlicher Solidarität und auch mit Opferbereitschaft die Folgen einer Naturgewalt bewältigt werden können.
Fazit: Ein ungewöhnlicher Protagonist, eine spannende Lektüre zu einem hochaktuellen Thema!