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Produktbild: Von Norden rollt ein Donner | Markus Thielemann
Produktbild: Von Norden rollt ein Donner | Markus Thielemann

Von Norden rollt ein Donner

Roman Shortlist Deutscher Buchpreis 2024

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Der Wolf ist zurück in der Lüneburger Heide. Und während Jannes - wie schon sein Vater und sein Großvater - täglich seine Schafe über die Heideflächen treibt, kochen die Emotionen im Dorf hoch. Kann Heimatschutz Gewalt rechtfertigen? Wo es vordergründig um Wolfspolitik geht, stößt er bald auf Hass, völkische Ideologie - und auf ein tiefes Schweigen. "Von Norden rollt ein Donner" ist eine Spurensuche in der westdeutschen Provinz, die Geschichte eines brüchigen "urdeutschen" Idylls.

Täglich treiben der 19-jährige Jannes und seine Familie die Schafe über die Flächen der Lüneburger Heide. Doch es herrscht eine gärende Unruhe in der Gegend, der Wolf ist zurück. Es mehren sich Schafsrisse und mit ihnen Konflikte im Dorf, die schnell politisch werden. Während völkische Siedler versuchen, das Thema für ihre Zwecke in Beschlag zu nehmen, die Situation sich zuspitzt und in Selbstjustiz der Bevölkerung zu eskalieren droht, flüchtet sich Jannes zu seinen Schafen in die Heide. Doch dort wird durch eine gespenstische Begegnung plötzlich die düstere Ortsgeschichte aufgefächert, die ihren langen Schatten in die Gegenwart wirft. Markus Thielemann schreibt mit seinem Anti-Heimatroman das Psychogramm einer Sehnsuchtslandschaft und zeigt auf ebenso subtile wie fesselnde Weise, wie sich ein Idyll in sein Gegenteil verkehren kann.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
15. Oktober 2024
Sprache
deutsch
Auflage
3. Auflage
Seitenanzahl
287
Dateigröße
0,81 MB
Autor/Autorin
Markus Thielemann
Verlag/Hersteller
Kopierschutz
mit Wasserzeichen versehen
Family Sharing
Ja
Produktart
EBOOK
Dateiformat
EPUB
ISBN
9783406822483

Portrait

Markus Thielemann

Markus Thielemann, geboren 1992, lebt in Hannover. Er studierte Geografie und Philosophie in Osnabrück, anschließend Literarisches Schreiben in Hildesheim. "Von Norden rollt ein Donner" ist sein zweiter Roman.

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Von Kwinsu am 09.02.2025

Die Kunst des Uneindeutigen

Jannes ist 19 und steht in der Tradition seiner Familie - er ist Schäfer in der Lüneburger Heide. Eines Tages entdeckt er Spuren eines Wolfes und schnell wird diese mutmaßliche Bedrohung zum Gesprächsstoff Nummer 1. Während sein Vater langsam aber sicher einer Demenzerkrankung unterliegt und sich mit Hilfe eines völkischen Nachbarn immer mehr in die Wolfsbedrohung hineinsteigert, hat Jannes immer öfter verstörende Begegnungen mit einer Frau, die scheinbar nur er sehen kann. Und auch sein Großvater besinnt sich ob des Wiederauftauchens des ungewollten Tieres seiner Vergangenheit. Bis sich herausstellt, dass alles mit allem zusammenhängt und eine belastende Dunkelheit über der Familie liegt. Markus Thielemann schafft mit "Von Norden rollte ein Donner" einen höchst atmosphärischen Roman, dessen Tempo die heutige schnelllebige Zeit vergessen lässt, auch wenn das Setting recht gegenwärtig ist (es spielt im Jahr 2014). Der Autor erzeugt mit seinem ruhigen und ausdrucksstarken Schreibstil eine bildhafte Szenerie, stets nimmt man sich in der Heide wahr, sieht auch jene Sachen, die verborgen zu sein scheinen und ahnt recht früh, welche Düsternis die Vergangenheit der Familie überschattet, auch wenn sie es selbst gar nicht weiß. Die Verschränkung der Themen (Alltag in der) Viehwirtschaft, Generationenkonflikte- und Generationenzusammenhalt, Demenz, psychische Erkrankung, Nazi-Vergangenheit & Rechtsextremismus und Overtourism werden hier so selbstverständlich erzählt, dass kein Zweifel aufkommt - diese Geschichte könnte auch wahr sein. Thielemann beherrscht die einnehmende Erzählkunst wie aus dem Effeff, auch wenn die gedrosselte Geschwindigkeit des Erzählten mitunter seine Längen aufweist. Lediglich Jannes wirkt mit seinen 19 Jahren um ein vielfaches älter: zwar werden ihm Freundschaften zugestanden, nichtsdestotrotz bleibt er in seinem Schäferdasein recht einsam, nur die nicht ausgewählte Familie umgibt ihn stetig. Weder gibt es (den Wunsch nach) Liebschaften, noch scheint der Protagonist das Verlagen nach Abwechslung, Party und Geselligkeit zu verspüren, was doch eher ungewöhnlich wirkt. Vielleicht ist es aber auch seine psychische Situation, die ihn wie einen Älteren scheinen lässt. Nur die volle Anerkennung seines Berufsstands und somit seiner Familie liegt ihm am Herzen. Lange Zeit fragt man sich beim Lesen, in welche Richtung sich die Geschichte wohl bewegen wird, welche Wendungen da wohl auf eine zukommen. Es gibt zahlreiche Andeutungen und Hinweise, der Autor beherrscht es wirklich, sich nicht in Eindeutigkeiten zu verstricken, lässt vieles unausgesprochen, was aber immer klarer wird und darin ist seine Kunstfertigkeit zu erkennen. Von Norden rollt ein Donner ist ein souveränes, langsames und literarisches Buch, das stellenweise langweilt, aber größtenteils durch seine eindrückliche Atmosphäre, den Hauch der Andeutungen, die Verstrickung gesellschaftsrelevanter Themen und den generationsübergreifenden Geschichtserzählungen besticht.
Von anne wetzel am 25.10.2024

Lauernde Gefahren

Jannes, 19, ist Schäfer. Seine Familie betreibt seit Generationen einen Schäferhof in der Lüneburger Heide. Romantische Vorstellungen eines naturverbundenen und idyllischen Lebens lässt der Autor jedoch gar nicht erst aufkommen. Der Leser trifft auf ein eher düsteres Szenario. Der Hof liegt nämlich in der Hörweite eines Truppenübungsplatzes der Bundeswehr und in der Nähe des ehemaligen KZs Bergen-Belsen. Die düstere Anfangsstimmung wird verstärkt durch den Donner eines aufziehenden Gewitters. Auf dem Hof leben mehrere Generationen ein eher bescheidenes, vergnügungsarmes Leben, das von täglicher Sorge um die Tiere und harter Arbeit in der Natur gekennzeichnet ist. Die Familie hat finanzielle Probleme und lädt daher zu Hofführungen ein, auch das Fernsehen ist zu Gast, dennoch nehmen die finanziellen Probleme nicht ab. Eine neue Bedrohung taucht zunehmend stärker auf: der Wolf ist zurück. Mit der Romantisierung des Wolfes habe ich persönlich noch nie viel anfangen können, weil ich die Klagen der Viehbauern in meiner Heimat im Ohr habe. Auch Jannes Familie befindet sich in dem Spagat zwischen den Naturschützern, die die Auswilderung der Wölfe unterstützen, und den Bauern, die Einbußen an ihrer Herde zu verkraften haben und diese Bedrohung ihrer Existenz ohne die Unterstützung der Politik meistern müssen. Sehr schön konterkariert der Autor die tägliche Arbeit der Familie mit den Vorstellungen der städtischen Besucher, die das Leben mit den Tieren in der Natur als Idylle wahrnehmen. Der Autor gönnt seinem Leser zwar sehr schöne Beschreibungen der kargen Südheide, aber von Anfang stellt er klar, dass die Idylle trügt. Mit jeder Heideromantik a la Hermann Löns und mit jeder Verklärung von Traditionen, von Heimat und Natur räumt der Autor gründlichst auf. Sehr gut gefallen hat mir auch, wie der Autor die Übernahme der aufgelassenen Höfe durch völkisch angehauchte Siedler beschreibt: eine Bewegung, die nicht nur in der Lüneburger Heide zu beobachten ist. Und beobachtet werden sollte. Mit dem Namen Röder leistet sich Thielemann ebenfalls einen zwar versteckten, aber eindeutigen Verweis. Röder ist der nicht nur der Name eines rechtsextremen Zeitgenossen namens Manfred Röder, sondern der Name verweist auch auf den üblen Nazi-Richter gleichen Namens, der u. a. Dietrich Bonhoeffer in den Tod schickte, der aber in allen Ehren und mit einer schönen staatlichen Pension sein Leben beschließen durfte. Die Wahl des Namens ist sicherlich beabsichtigt. Ein kleiner, aber effektvoller Hinweis auf den gefährlichen braunen Sumpf, der nach wie vor unter einer friedlichen Oberfläche lauert. Schleichend kommt eine weitere Bedrohung auf Jannes zu, die wie die Wölfe auch zunächst unsichtbar ist, sich aber zunehmend konkretisiert. Jannes wird von unklaren Ängsten und schließlich auch Visionen gequält, und seine Ängste verbinden sich schließlich mit Ereignissen rund um das Frauen-KZ Bergen-Belsen, um die in der Familie eine Mauer des Schweigens errichtet worden war. Hier fragt man sich als Leser allerdings, ob die Aufdeckung dieser verdrängten Ereignisse nicht auch ohne Jannes Visionen möglich gewesen wäre; das Ende des Romans wirkt dadurch recht überzogen. Trotz dieser Einschränkung besticht Thielemanns grundlegende Idee: unter einer zur Idylle erklärten Oberfläche bewegen sich dunkle und auch grausame Mächte, denen er Autor die Metapher des Wolfes zuordnet. Dieses Böse ist nicht greifbar und wird nie konkret gesichtet, aber es ist präsent und kann jederzeit hervorbrechen. Fazit: Ein lesenswerter, bildstarker Roman über die Zusammenhänge der individuellen Geschichte mit der Zeitgeschichte, um Verdrängung und um das, was Heimat eigentlich ist.