Ich muss gestehen, dass ich Takis Würger bisher nicht kannte und Für Polina mein erstes Buch des Autors war. Gleich von Beginn an gefielen mir besonders die außergewöhnlichen Figuren: Die junge Fritzi Prager, die sich mit ihrem Sohn Hannes für einen ungewöhnlichen Lebensweg entscheidet, ihre Freundin Günes und deren Tochter Polina und der kauzige, etwas schroff wirkende, aber doch sehr liebenswerte Heinrich Hildebrand. Der kleine Hannes ist ein stilles Kind, das so anders ist und auf Außenstehende etwas zurückgeblieben wirkt, aber ein ganz feinfühliger Beobachter ist, der seine Gefühle leichter durch Musik als durch Worte ausdrücken kann. Ganz anders die lebhaftere Polina, und dennoch wächst zwischen den beiden von Kindesbeinen an eine einzigartige Freundschaft.
Takis Würger entwirft eine berührende Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, die sich so nahe stehen und die dennoch in den entscheidenden Momenten nicht miteinander kommunizieren können. Würger erzählt hierbei aus Hannes Sicht, so dass sein Leben und seine Gefühlswelt sehr gut nachzuvollziehen sind, während Polina mir ein bisschen zu kurz kommt. Auch sind eine Momente etwas kitschig geraten, und manche Details wirken nicht ganz stimmig, so dass die Authentizität der Figuren mitunter etwas leidet: Wer transportiert beispielsweise ein Baby auf dem Fahrrad ernsthaft in einem alten Schulrucksack? Und es erscheint mir unglaubwürdig, dass jemand, der als Möbelträger gearbeitet hat, was der Fingerfertigkeit nicht zuträglich ist, und einen Finger verloren hat, sich nach jahrelanger Pause plötzlich ans Klavier setzt und spielt wie ein junger Gott. Wenn man über diese Dinge hinwegsieht, ist Für Polina ein sehr berührender, warmherziger Roman, der einfach großartig erzählt ist. Er zeigt, welche verschlungenen Wege das Leben manchmal nehmen kann und lässt einen mit einem warmen, hoffnungsvollen Gefühl zurück.