Yumi and the Nightmare Painter ist ein Kosmeer-Einzelband und eine der vier secret project novels aus der Feder von Brandon Sanderson. Dieser romantische Fantasyroman lässt sich grundsätzlich unabhängig von den anderen Werken geniessen, denke ich. Auch wenn einige Referenzen des Erzählers im grösseren Zusammenhang wohl mehr Sinn ergeben.
Der Hilferuf eines Geistes verbindet auf ungewöhnliche Weise das Schicksal von Yumi, einer treuen Dienerin ihres Volkes, mit dem von Maler, einem einzelgängerischen Albtraummaler im Dienste der Sicherheit seiner Stadt. Und legt diesem ungleichen Paar das Schicksal zweier scheinbar gegensätzlichen Welten in die Hand. Erzählt wird diese ungewöhnliche Helden- und Liebesgeschichte von Hoid, des Königs Schelm aus den Sturmlichtchroniken, der für die Dauer der Geschichte selbst in einer eher unangenehmen Situation feststeckt. Und damit erinnern die Rahmung und der Ton des Buches nachdrücklich an Weit über der smaragdgrünen See - was mich als Fan dieses Buches erst begeistert hat. Er tritt hier aber noch deutlicher als Kommentator hervor, hilft mit Erklärungen und Vergleichen aus und macht die sehr fremd anmutende Welt für realweltliche Leser:innen nachvollziehbar und zugänglich. Manchmal sogar etwas zu sehr für meinen Geschmack, was mich dem Zauber der Geschichte stellenweise fast entrissen hat.
Wie von Sanderson nicht anders zu erwarten, ist das Worldbuilding ausgefeilt, einzigartig, faszinierend und magisch. Ein neuer Splitter, eine neue Ausgestaltung der Investitur, eine neue Perspektive im Kosmeer - unendlich fantasievoll und doch stimmig im Gesamtbild und solide in sich selbst. Die Figuren sind liebevoll und originell angelegt, emotional und psychologisch tief und mehrdimensional gezeichnet, in ihren Handlungen und Entwicklungen stringent. Die Chemie zwischen den beiden war für mich stimmig und überzeugend, behutsam romantisch ohne Kitsch. Nicht wirklich warm geworden bin ich allerdings mit dem Plot. Über etwa zwei Drittel des Buches mäandert die Geschichte so vor sich hin. Ja, die beiden lernen sich kennen, als Leser:innen lernen wir die Figuren und ihre Leben kennen und erkunden ihre jeweiligen Welten durch die Augen des anderen. Und das alles in schöner, ansprechender Prosa. Ich konnte das alles geniessen - bis zu einem gewissen Grad. Sanderson lebt hier seinen Faible für Ästhetik - und seine Vorliebe, Frauen einzukleiden - wahrhaftig breit bis langatmig aus. Und die Illustrationen, obwohl im ebook nicht so eindrücklich, waren eine schöne und stimmige Ergänzung (leider im englischen Taschenbuch nicht enthalten). Mir war es aber zu langatmig und ich musste mich immer wieder aktiv motivieren, weiterzulesen und das Buch zur Hand zu nehmen. Meiner Stieftochter (Teenager) hat aber gerade das sehr gut gefallen. Also: Geschmacksache.
Im letzten Drittel kommt der Plot dann doch noch ins Rollen - und nimmt einige interessante und unerwartete Wendungen. Hier tritt auch noch mal deutlich hervor, dass wir hier eine Art modernes, andersweltliches Märchen lesen. Die Absurditäten und Hintergründe sind einerseits süss, regen aber auch zum längeren Nachdenken an - und ein Augenzwinkern oder zwei dürfen auch nicht fehlen.
Wer Tress Abenteuer geliebt hat, den wahren Geist eines Märchens zu schätzen weiss, wer gerne in fremden Welten und zauberhafter (japanischer) Ästhetik schwelg und ein Herz für leise Romantik hat - der:die wird mit Yumi and the Nightmare Painter auf seine:ihre Kosten kommen. Obwohl ich viele Aspekte - die Welt, die Figuren, die Sprache und den Witz - genossen habe, konnte mich das Gesamtwerk leider nicht ganz packen.
Ich bedanke mich beim Verlag Droemer Knaur für das Rezensionsexemplar! Meine Meinung bleibt natürlich und wie immer trotzdem meine eigene.