Dieses neue Buch " die Erbin" von "Claire Winter " , erschienen im April 2025 bei Heyne, habe ich mich mit großer Freude erwartet...
Viele ihrer bekannten Bücher sind zu Bestsellern avanciert und auch ihr neuestes Werk überzeugt durch eine unterhaltsam- fesselnde Familiengeschichte mit sorgfältig recherchiertem Hintergrund.
Im Mittelpunkt steht Cosima Liefenstein, "die Erbin" einer angesehenen Kölner Industriellen Firma, die eine Stiftung für benachteiligte Frauen gründet und damit ins Interesse der Öffentlichkeit gerät.
Dabei kommt es auch zur Begegnung mit dem Journalisten Leo Markgraf, der in der Vergangenheit der Liefensteins gräbt. Ein Anwalt und Freund Markgrafs, Karl Weber war vor kurzem noch auf einer Veranstaltung der Firma Liefenstein, auf der er das Oberhaupt Theodor Liefenstein öffentlich beleidigte und Anschuldigungen gegen die Firma erhob . Kurz darauf war Weber tot. Leo Markgraf glaubt nicht an einen Unfall...
Der Roman spielt in zwei Zeitebenen: Die Gegenwart des Jahres 1957 und die Zeit ab November 1929.
Der ständige Wechsel der Zeiten hält dem Spannungsbogen stand und vervollständigt das Bild der fiktiven Unternehmensfamilie Liefenstein, die sowohl im Nationalsozialismus wie auch danach es verstand, ihre Interessen erfolgreich zu vertreten.
Einzig Cosimas früh verstorbener Vater Edmund widersetzte sich den opportunistichen Firmenzielen und kritisierte sowohl das NS- Regime, sowie das kooperative Verhalten seiner Familie.
Als Cosima zufällig alte Briefe ihres Vaters findet und Nachfragen stellt, stößt sie auf eine Mauer des Schweigens.
Auf der Suche nach der Wahrheit werden alte Machstrukturen sichtbar und totgeglaubte Ideologie erwacht zum Leben.
Claire Winters Schreibstil ist auch hier wieder gewohnt flüssig und packend. Die Kapitel sind kurz gehalten und beide Zeitebenen forcieren die Geschichte und Geschehnisse Schritt für Schritt zu einem Gesamtbild. Man folgt mühelos dem Spannungsbogen vom Anfang bis zum Ende und die Seiten dieses dramatischen Familien- Epos fliegen geradezu an einem vorbei.
Die Charaktere sind lebendig dargestellt und ihre Entwicklungen und Veränderungen kann man sehr gut nachvollziehen.
Die Geschichte der hier beschriebenen Familie Liefenstein steht als Beispiel für das Verhalten vieler Unternehmen und ihrer Zusammenarbeit mit der nationalsozialistischen Regierung. Zwangsarbeit, Ausbeutung und Übernahmen von jüdischem Eigentum waren damals an der Tagesordnung.
Der Roman zielt aber nicht nur auf äußere Auswirkungen, sondern geht tiefer und zeigt Konflikte und Zerwürfnisse auch innerhalb der Familie.
Mein Fazit:
Emotionale hochspannende Historie mit überzeugenden Protagonisten und Nebenfiguren, verwebt zu einer dramatischen Familiengeschichte mit erschreckend aktuellem Zeitbild.
Eine gelungene sehr gut recherchierte Kombination von wahren und fiktiven Charakteren und Begebenheiten gegen das Vergessen.