Warrah Place ist eine kleine Siedlung in einem Vorort von Canberra, der australischen Hauptstadt, mit neun Einfamilienhäusern, gelegen an einer Sackgasse, die einer Petrischale ähnelt und in deren Mitte sich eine viel genutzte Grünfläche befindet. Der Fund eines postmortal abgetrennten Fußes versetzt die kleine Wohngemeinschaft erheblich in Unruhe, zumal sehr schnell feststeht, dass der junge, attraktive Italiener Antonio, ein Mitbewohner, das Mordopfer ist. Schnell verbreiten sich neben der Angst die abenteuerlichsten Verdächtigungen. Doch der Leser bekommt bereits im ersten Kapitel den potentiellen Mörder präsentiert.
Im Laufe ihres Romans Lauter kleine Lügen macht uns die Autorin Kate Kemp immer vertrauter mit den Protagonisten, den Bewohnern von Warrah Place, deren Charaktere fein herausgearbeitet ein in sich stimmiges und buntes Bild menschlicher Eigenheiten abbildet. Man kommt ins Gespräch, grenzt aber auch aus, begibt sich in die wildesten Spekulationen und lüftet dabei nach und nach viele kleine und große Geheimnissen, die auf so mancher Schulter schwer lasten, mit zum Teil sehr unliebsamen Methoden. Es ist in der Tat äußerst interessant wie sich das gesellschaftliche Bild des Zusammenlebens Ende der siebziger Jahre des vorherigen Jahrhunderts in seiner Themenvielfalt darstellt und wie die Menschen umgehen mit Rassismus, Ausgrenzung, dem Kinderwunsch, ausgeprägtem patriarchalen Machtdenken, Transsexualität, dem täglichen Ringen nach Anerkennung oder auch generationsübergreifendem Trauma, um nur einige Schwerpunkte zu nennen.
Die Aufklärung des Mordfalls bringt schließlich eine ungeahnte Wendung mit einer unglaublichen Wucht an Aggressivität.