Das Buch Nacht über Soho nimmt uns mit in das Londoner Nachtleben der Goldenen Zwanziger. Zum einen erzählt der Roman die Geschichte der Königin des Nachtlebens, Nellie Coker, die, nachdem sie aus dem Gefängnis entlassen wird, wieder auf Ihren Thron zurückkehrt. Nellies Ziel ist es, fünf ihrer sechs Kinder ihre Nachtclubs zu übergeben, damit diese ihr Lebenswerk weiterführen. Leider haben ihre Kinder aber ganz andere Ambitionen. Des Weiteren hat Nellie sich durch ihren Erfolg viele Feinde geschaffen und somit wird Nellies Imperium bedroht. Von außen und von innen. Zum anderen wird die Geschichte des Inspektors John Frobisher erzählt, der die Aufgabe hat herauszufinden, was mit zwei vierzehnjährigen Mädchen aus York passiert ist, die spurlos im Nachtleben verschwunden sind. Da tote Mädchen aus der Themse gefischt werden, ist der Inspektor gezwungen zu handeln. Um seine Ermittlungen durchzuführen, schleust er eine junge Dame in Nellies Clubs ein und macht der Königin von Soho das Leben schwer.
Als Inspiration für den Roman hat die Autorin Kate Atkins das Leben und die Zeit von Kate Meyerik genommen, die für viele Jahre die Königin der Clublandschaft von Soho war. Ihr berühmtester Club war der 43 in 43 Gerrard Street, das heute mitten im Herzen von Chinatown liegt. Kate Meyericks Autobiografie Secrets of the 43 Club vom Autor John Long, die 1933 erschien, lieferte der Autorin Kate Atkins, wie sie selbst im Nachwort sagt, viele kleine Details für diesem Roman.
Mir persönlich hat der Roman sehr gut gefallen. Da ich historische Romane sehr liebe und selbst einige Zeit in London gelebt habe, hat mich der Roman, der eher ruhig und unaufgeregt erzählt wird, gleich in seinen Bann gezogen. Die Geschichte ist so atmosphärisch und bildhaft geschrieben, dass man tief in die Goldenen Zwanziger in London eintauchen kann und das Gefühl hat, mitten im Geschehen dabei zu sein. Der Schreibstil ist flüssig und entspannt, mit britischem Humor versehen, der insbesondere die britische High Society zur damaligen Zeit aufs Korn nimmt. Ich finde ihn sehr unterhaltsam und er hat mir viele schöne Lesestunden bereitet.
Die Geschichte ist sehr interessant erzählt, die vielen unterschiedlichen teils schillernden Charaktere sind sehr spannend und fein gezeichnet. Atkinson wird nicht umsonst von The Sunday Times ein herausragendes Talent zur Figurenzeichnung bescheinigt. Man erfährt so einiges über das Leben zur damaligen Zeit in London, wo vieles nicht so ist, wie es scheint. Auch die Schauplätze in London sind wunderbar gewählt und es wird natürlich viel typisch Britisches erwähnt, von der Ligusterhecke, dem 5 Uhr Tee mit Limettenmarmelade, Windsor Castle bis hin zu Shakespeares Sommernachtstraum und Winston Churchill. Auch wenn Inspektor John Frobisher Ermittlungen anstellt, ist der Roman kein typischer Krimi, eher ein historischer Gesellschaftsroman mit kriminalistischen Elementen.
Fazit: Ein interessanter, unterhaltsamer Roman mit einer Prise Humor für Menschen, die in das London der Goldenen Zwanziger und das damalige Nachtleben eintauchen wollen. Ein gelungenes Werk britischer Literatur, das ich gerne weiterempfehle.