Judith und Hugo versuchen, ihre Ehe zu retten, indem sie sich einen Aufenthalt in einem luxuriösen All-inclusive-Resort in Mexiko gönnen. Das Meer glitzert am Horizont, die Eiswürfel klirren im Glas, doch dann trübt sich die Stimmung: Ein toter Wal wird an den Strand gespült und verströmt einen üblen Geruch, den die tropische Brise trotz aller Bemühungen des Hotelpersonals bis in den letzten Winkel trägt. Wie lange lässt sich unter diesen Umständen die Illusion vom perfekten Urlaubsparadies aufrechterhalten?
Der Duft des Wals ist ein Roman, der mit einer besonderen Erzählstruktur spielt: In jedem Kapitel übernimmt eine andere Figur die Perspektive, wodurch der Leser nach und nach verschiedene Facetten der Geschichte und der Charaktere kennenlernt. Dieser Perspektivwechsel bringt Dynamik und Tiefe zumindest in der Theorie. In der Praxis wirkt es stellenweise eher wie eine lose Aneinanderreihung von Episoden, denen ein übergreifender starker emotionaler Bogen fehlt.
Im Zentrum der Handlung stehen mehrere Figuren, die sich in diesem Resort und auf dem Weg dahin begegnen:
Celeste, eine tiefgläubige Stewardess, ringt mit ihrer Vergangenheit und straft sich selbst mit körperlicher Geißelung für ihre empfundenen Sünden. Ihre Perspektive ist für mich absolut nicht nachfühlbar. Jemand anderes mit einem kirchlichen Glauben kann dies vielleicht.
Hugo und Judith, das zentrale Ehepaar, entfernen sich trotz aller Versuche weiter voneinander. Ihre Beziehung ist fragil und der Urlaub wird zum stillen Scheitern eines Neuanfangs. Ava, die Tochter der beiden, ist ein fantasievolles Kind mit wacher Beobachtungsgabe und Fähigkeit zum Einfangen der Schlüsselmomente. Ihre Perspektive bringt Leichtigkeit, aber auch eine feine Melancholie in die Geschichte. Waldemar, Angestellter im Hotel, sehnt sich nach Sichtbarkeit und Anerkennung, vor allem von Belén, dem Zimmermädchen, das ihm nicht aus dem Weg gehen kann obwohl sie es versucht. Waldemar hat mir krasse Stalkervibes gegeben und die Moral von der Geschicht - als Mann musste einfach hartnäckig dran bleiben dann will sie dich schon noch. Ziemlich uncool Herr Ruban und geht gar nicht in der heutigen Zeit.
Das Buch ist kurzweilig und gewährt interessante Einblicke in die inneren Welten seiner Figuren. Man spürt die Bemühung, psychologische Tiefe zu schaffen, und bei einigen Charakteren gelingt das. Dennoch bleibt der Roman insgesamt etwas unfassbar. Die Geschichten scheinen nebeneinander statt miteinander zu verlaufen, und nicht immer gelingt es Ruban, die inneren Konflikte zu einem stimmigen Gesamtbild zu verweben. Dabei schwingt sprachlich nur selten wirkliche Tiefe mit der Stil bleibt eher schlicht und zurückhaltend, was die emotionale Wirkung zusätzlich abschwächt.
Fazit: Der Duft des Wals ist ein sprachlich solider Roman mit einigen interessanten Figuren und Ansätzen. Kann man machen muss man aber nicht unbedingt.