Mit "Please unfollow" gelingt Basma Hallak ein kraftvoller, berührender Roman über Selbstfindung im Zeitalter der Dauerbeobachtung. Im Zentrum steht Sherry, siebzehn, aufgewachsen als Social-Media-Star gefilmt, geliked, kommentiert. Ihr Leben war Content, ihre Kindheit eine Reality-Show. Doch nach einem drastischen Vorfall muss sie in ein Resozialisierungscamp. Dort, ohne Kamera und WLAN, beginnt zum ersten Mal ihr echtes Leben und sie merkt, dass sie gar nicht weiß, wer sie ohne Publikum ist.
Hallak trifft mit ihrem Thema den Nerv unserer Zeit: die schmale Linie zwischen digitaler Selbstinszenierung und realer Identität. Die Autorin schafft es, Sherrys Konflikt so intensiv zu zeichnen, dass man sich fast mitschämt für die Welt, die ihr zugeschaut hat. Zwischen Campalltag, Therapie und Rückblenden in ihre Kindheit entfaltet sich eine Geschichte voller Wut, Verletzlichkeit und stiller Hoffnung.
Besonders stark sind die leisen Momente: Wenn Sherry die Stille nicht erträgt. Wenn sie merkt, dass niemand sie mehr sieht und das zugleich erschreckend und befreiend ist. Die Sprache ist direkt, emotional und trotzdem klar; kein Zeigefinger, kein Pathos, sondern ehrliches Erzählen.
Das Buch ist modern geschrieben, ohne anbiedernd jugendlich zu wirken. Man spürt die Recherche und das Gespür für Social-Media-Mechanismen, aber auch die Empathie für eine Generation, die mit Likes groß geworden ist.
"Please unfollow" ist kein reiner Influencer-Roman, sondern eine Geschichte über Kontrolle, Freiheit und das Ringen um Selbstbestimmung. Sie regt zum Nachdenken an, ohne belehrend zu sein und bleibt lange im Kopf. Ein ehrlicher, intensiver Coming-of-Age-Roman über das Aufwachsen im digitalen Scheinwerferlicht. Emotional, klug und erschreckend aktuell.