Ich wusste gar nicht, dass ich so dringend eine Geschichte aus Lower Whilby brauchte, bis ich The Pumpkin Spice Latte Disaster von Kyra Groh gelesen habe. Schon beim ersten Kapitel hat mich diese Mischung aus herbstlicher Stimmung, Kaffeegeruch und liebevollen Charakteren gepackt alles fühlt sich vertraut und doch neu an.
Jude kehrt zurück in ihre Heimatstadt Lower Whilby, eigentlich nur wegen der Hochzeit ihrer Schwester. Die Stadt steht für alles, was sie lange hinter sich gelassen hat: Beständigkeit, Gerüchte, und diese Gemütlichkeit, die sie nie wirklich gesucht hat. Aber das Leben hat andere Pläne, vor allem als Jude auf James trifft den mürrischen Barista mit britischem Popstar-Vater, der ihr nicht nur wegen ihres Podcasts unangenehm bewusst wird. Die Dynamik zwischen ihnen ist genau diese typische Enemies to Lovers Spannung: erst knorrig, dann knisternd, schließlich warm und verletzlich.
Jude ist eine Figur, mit der man leicht mitfühlt. Ihre Rastlosigkeit, ihr Wunsch zu fliehen nicht nur räumlich, sondern auch vor Gefühlen sind nachvollziehbar und ehrlich. Und James, mit seiner Zurückhaltung und seinem Café als Rückzugsort, wirkt auf den ersten Blick eher erdgebunden, fast reserviert. Doch je mehr man ihn durch Judes Augen sieht, desto klarer wird, wie viel Tiefe hinter seiner Fassade steckt.
Was mir besonders gefällt: Groh schafft es, Humor und Herz zu verbinden, ohne dass irgendetwas zu übertrieben wirkt. Die Dialoge sind witzig, manchmal bissig, sie haben Leben. Es gibt Momente, in denen Jude laut lachende Szenen provoziert hat und gleich danach solche, in denen ich gespürt habe, wie ihre Zweifel sie drücken. Besonders schön war, wie sehr das Setting Lower Whilby zur Figur wird: die kleinen Straßen, Cafés, die herbstlich dekorierten Fenster, der Kaffeefleck auf der Pulloverärmel alles lädt zum Einfühlen ein.
Nicht alles ist perfekt: Manche Wendungen sind erwartbar, der Aufbau braucht ein bisschen, bis die Geschichte wirklich auf Touren kommt, und Jude startet mit dem Gedanken an ihren Podcast, was zunächst kalkuliert wirkt. Aber selbst diese Ecken und Kanten stören kaum, weil Groh so überzeugend beginnt, dass man sich einfach wohl fühlt im Chaos aus Liebe und Streit und Kaffeegeruch.
Das Ende hat mich mit einem Lächeln zurückgelassen. Nicht völlig überraschend, nicht vollkommen dramatisch aber so, dass man sich wünscht, noch mehr Zeit mit Jude und James in Lower Whilby zu verbringen.