Ich habe Wem du traust eher spontan angefangen und war überrascht, wie schnell mich die Geschichte gepackt hat. Petra Johann nimmt sich Zeit, ihre Figuren glaubwürdig aufzubauen, und genau das mochte ich: Niemand wirkt überzogen oder dramatisiert, sondern eher wie Menschen, denen man tatsächlich so begegnen könnte. Dadurch hat mich die Frage, wem man in dieser verstrickten Situation trauen kann, umso mehr beschäftigt.
Was mich besonders angesprochen hat, war dieses unterschwellige Unbehagen, das sich durchs ganze Buch zieht. Es ist nicht diese laute, plakative Spannung, sondern eher ein leises Kribbeln im Hintergrund, das einen dazu bringt, nur noch ein Kapitel zu lesen und plötzlich ist es Mitternacht. Ich war mehrmals überzeugt, endlich verstanden zu haben, wer hier ein doppeltes Spiel treibt, und wurde dann wieder in eine andere Richtung gestoßen. Nicht auf nervige Art, sondern so, dass ich wirklich dranbleiben wollte.
Die Beziehungen zwischen den Figuren fand ich glaubhaft und manchmal auch schmerzhaft echt. Vieles spielt sich zwischen den Zeilen ab, was mir gefallen hat, weil man als Leser*in mitdenken muss. Gleichzeitig bleibt die Handlung gut nachvollziehbar und übertreibt es nicht mit Wendungen.
Für mich war es ein spannendes, atmosphärisches Buch über Vertrauen, blinde Flecken und die Frage, wie gut man selbst den Menschen in seinem Leben wirklich kennt. Nicht laut, nicht überinszeniert, aber genau deshalb sehr wirkungsvoll.