Wer, fragte ich mich, wäre ich gewesen, ohne diese ständige Angst?
Ich war late to the game bei Daniela Dröschers "Lügen über meine Mutter", fand den Roman großartig, freue mich auf die Verfilmung. Junge Frau mit Katze lässt sich in gewisser Weise als dessen Fortsetzung verstehen (beide autofiktional). Wieder erzählt Ela, dieses Mal nicht rückblickend aus kindlicher Perspektive über die Mutter bzw. deren Körper dieses Mal steht sie selbst als junge Frau im Mittelpunkt. Es geht erneut um den Körper, um Selbstermächtigung, um Klassizismus, Habitus und die Kämpfe mit der eigenen Gesundheit.
Während der Körper der Mutter zumindest laut dem Vater für das Unglück der gesamten Familie verantwortlich war, ist es jetzt Elas eigener erwachsener, kranker Körper, der ihr Probleme bereitet: kurz vor dem Abschluss ihrer Promotion bricht sie zusammen, ihr Körper scheint zu rebellieren, immer neue Symptome belasten ihren Alltag; Elas Angst wird größer und größer.
Ich habe SO unglaublich viel markiert. Viele Beschreibungen von Elas Versuchen, ihren gesundheitlichen Problemen auf den Grund zu gehen, sind grandios beschrieben. Das Chaos, das Ela durchlebt, wirkt authentisch. Sie ist nicht immer rational, was verständlich ist eine Odyssee durch Fachpraxen, in der Ärzt:innen sie oft nicht ernst nehmen, vor allem als (junge) Frau. Diffuse Symptome werden auf die Psyche geschoben; selbst wenn das der Auslöser wäre, die körperlichen Beschwerden sind real, belastend, einschränkend. Das hat bei mir einen Nerv getroffen, denn ich kenne diesen Kampf. Für mich wurde "Junge Frau mit Katze" zu einer sehr persönlichen Lektüre, die mich anders berührte als "Lügen über meine Mutter". Dennoch wirkt der Roman manchmal sprunghaft, der Stil ist teils chaotisch, manchmal fehlt der Bezug. Inhaltlich macht das durchaus Sinn, stilistisch nicht immer. Auch wenn der Roman nicht an die Genialität des Vorgängers herankommt, so bleibt es trotzdem ein großartiger Roman, der mich vor allem durch seine Authentizität beeindruckt hat. Elas Kampf um Selbstbestimmung und Gesundheit sind eindringlich. Es ist eine Geschichte, die nachhallt full disclosure: am liebsten würde ich den Roman in der Therapie besprechen.