Schwindende Welt ist das zweite Buch, das ich von Sayaka Murata gelesen habe. Schon Die Ladenhüterin hat mir sehr gut gefallen, aber auch Schwindende Welt war ein wirklich starkes Buch. Es wäre für mich sogar ein echtes Highlight geworden, wenn das Ende nicht so gewesen wäre, wie es ist.
Wir begleiten Amane, die in einer Welt lebt, in der das klassische Liebes- und Familienleben, wie wir es kennen, nicht mehr existiert. Zwar kann man sich noch in Menschen (oder auch in Fantasiewesen) verlieben, doch Sex gilt als unnormal und wird gesellschaftlich nicht mehr praktiziert. Kinder entstehen ausschließlich durch künstliche Befruchtung.
Amane ist überrascht, als sie erfährt, dass sie selbst noch auf natürliche Weise gezeugt und geboren wurde.
Wenn sich zwei Menschen dazu entscheiden, zusammenzuleben, heißt das nicht, dass sie einander treu sind. Im Gegenteil, es ist völlig normal, dass beide auch andere Beziehungen oder Verbindungen eingehen. Und auch Männer können inzwischen Kinder austragen.
Das Buch ist mit seinen knapp 200 Seiten eine emotionale Achterbahnfahrt. Ich habe es zwar schon vor ein paar Tagen beendet, aber ich muss immer wieder an die Geschichte zurückdenken. Beim Lesen habe ich viele unterschiedliche Gefühle durchlebt. Einerseits fand ich es faszinierend, mir vorzustellen, wie so ein alternatives Gesellschaftsmodell aussehen könnte. Ohne feste Bindungen, ohne Körperlichkeit, mit völliger emotionaler und physischer Distanz. Andererseits hat es mich auch traurig gemacht. Vieles wirkte kalt, fast schon wie ein Roboterleben, ohne echte Nähe.
Die Geschichte ist wirklich originell und regt stark zum Nachdenken an. Sie lässt sich flüssig lesen, aber ich habe immer wieder innegehalten, um über das Gelesene zu reflektieren.
Mein einziger Kritikpunkt ist das Ende der Geschichte. Es hat mich ziemlich schockiert und mir das Leseerlebnis etwas getrübt. Gleichzeitig glaube ich aber, dass dieser Schockmoment von der Autorin ganz bewusst gesetzt wurde. Vielleicht soll genau das dazu führen, dass man die Geschichte noch einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachtet.