"Der Nachbar" von Sebastian Fitzek (erschienen u.a. bei Argon Hörbuch) wird erneut von Simon Jäger gesprochen. Der Psychothriller folgt Strafverteidigerin Sarah Wolff, die an Monophobie leidet und nach einem Umzug feststellt, dass sie nie wirklich allein war. Ein Setting, das beklemmend und intensiv sein könnte, aber für mich leider nicht funktioniert hat.
Eigentlich hätte ich auf mein Bauchgefühl hören sollen, denn ich war von Anfang an skeptisch. Der Klappentext klang für mich nach einer weiteren Variation des der Feind lauert direkt neben dir-Motivs. Aber die vielen begeisterten Stimmen haben mich dann doch neugierig gemacht. Und so hab ich mich dazu hinreißen lassen, einen weitere Fitzek in der Hörbuchvariante zu "lesen".
Und zunächst hat alles ganz gut angefangen. Der Einstieg? Überraschend stark. Die ersten Kapitel waren atmosphärisch dicht, und Jägers Stimme hat sofort eine Spannung erzeugt, die mich hoffen ließ, dass Fitzek mich nach den letzten eher schwachen Titeln wieder zurückgewinnt. Doch schon nach kurzer Zeit fühlte sich allesseltsam leer an. Die Figuren wirkten auf mich erschreckend blass, und ich konnte zu keiner Person irgendeine echte Verbindung aufbauen. Nebencharaktere tauchten auf und verschwanden wieder, ohne dass sie spürbare Relevanz hatten. Mehrmals dachte ich: Warum passiert das jetzt? und zwar nicht im positiven, überraschenden Thriller-Sinn, sondern im Okay wozu?-Sinn. Motivationen blieben vage, Handlungsstränge wurden angerissen und wieder fallengelassen, und das Finale wirkte sehr konstruiert. Fitzek hat oft mit extremen Plots gearbeitet, das weiß man als langjährige Leserin. Aber hier war für mich kaum etwas nachvollziehbar. Die Twists fühlten sich eher wie ein Wettbewerb an: Wie viele Wendungen passen in 8 Stunden Hörzeit? Die Antwort scheint: zu viele.
Ein einziges echtes Highlight bleibt: Simon Jäger. Er schafft es wie immer, selbst einen wirren Plot mit Energie und Struktur zu füllen. Seine Interpretation rettet, was zu retten ist; aber auch er kann den erzählerischen Flickenteppich nicht kitten.
Fazit
Satz mit X, das war nix. Zu konstruiert, zu überladen, zu austauschbar und für mich der endgültige Moment, an dem ich merke, dass meine einstige große Fitzek-Liebe vielleicht einfach vorbei ist. Empfehlen kann ich dieses Buch niemandem, der Wert auf stimmige Figuren, nachvollziehbare Motive oder echte psychologische Spannung legt. Für Hardcore-Fitzek-Fans vielleicht noch interessant, für alle anderen eher nicht. Da gibt es wirklich spannendere Bücher. Danke an @netgalleyde und den @argonverlag für das Hörbuch-Rezensionsexemplar.