Platons «Kratylos» kann als Ausgangspunkt der europäischen Sprachphilosophie genommen werden, in dem in diesem Dialog die zwei grundsätzlich gegeneinanderstehenden Positionen des semantischen Naturalismus und des Konventionalismus ausführlich von Sokrates und seinen beiden Mitunterrednern Kratylos und Hermogenes diskutiert werden. Die zwei Grundfragen dies Dialogs lauten: 1. Beruht Sprache auf gottgegebener Naturnotwendigkeit, wie Kratylos meint, oder schlicht auf Vereinbarung und Konvention zwischen den Menschen, was die Ansicht des Hermogenes ist? Und 2. Ist die Sprache imstande, uns die Wahrheit, sprich das Wesen der Dinge zu entschleiern und erkennen zu lassen?
Mit viel Umsicht und spritzigem Humor gelingt es Platon im «Kratylos» die Wahrheitsansprüche der beiden gegenläufigen Theorien zu erörtern und sie in ihrem Aussagengehalt klar zu begrenzen, um darauf aufbauend selbst eine Kritik der Sprache zu entwickeln, auf deren Grundlage sein Bemühen um klare Definition und systematische Gliederung der Begriffe und ihrer Wortbezeichnungen fußt ein Bemühen, das, wie Otto Apelt in seinem Essay zum Dialog sehr richtig bemerkt, eine wesentliche Seite der ganzen Lebensarbeit Platons darstellte.
Mit dem «Kratylos» in der Übersetzung von Otto Apelt liegt nun der 20. Teil der von Volker Braumann eingelesenen Hörbuch-Reihe «Platon Sämtliche Dialoge» vor.