Der Roman beginnt ruhig und öffnet den Blick auf eine längst vergangene Epoche. Der junge Wulf verliert früh seine Eltern und wird an den Hof seines Großvaters, des Königs der Gauten, gebracht. Dort soll er zum Krieger ausgebildet werden, was für den zurückhaltenden Jungen eine große Herausforderung darstellt. Schon erste Übungen mit Schwert und Schild fordern Geduld und Mut, und kleine Fehler zeigen sofort, wie viel noch zu lernen ist.
Die Kapitel gewähren Einblicke in das Leben auf Gotland. Machtkämpfe, feste Ordnung am Hof und alltägliche Aufgaben wirken nah und lebendig. Wulf lernt, wie streng die Regeln sind, wie wichtig Ehre und Loyalität in einer Welt voller Rivalitäten ist und wie er sich behaupten kann. Er übt Handwerk, trainiert, beobachtet die politischen Auseinandersetzungen und merkt, dass jede Entscheidung Konsequenzen hat. Die historischen Namen und Begriffe gehören in diese Epoche, wirken zunächst fremd, werden aber mit der Zeit immer vertrauter.
Wulfs Entwicklung verläuft schrittweise, aber nachvollziehbar. Die Freundschaft zu Weohstan bildet das Herzstück der Geschichte. Aus der engen Verbundenheit der beiden entsteht über die Jahre mehr als Kameradschaft. Gemeinsam bestehen sie Prüfungen, teilen Geheimnisse, trösten einander in Momenten der Trauer und unterstützen sich bei den Herausforderungen des Hoflebens. Diese Verbindung verleiht der Erzählung Wärme und Tiefe.
Die Geschichte zeigt, wie Wulf über sich hinauswächst, obwohl er nie ein Held sein wollte. Kleine Prüfungen, Verluste und schwierige Entscheidungen formen ihn zu einem Anführer, der schließlich als Beowulf in die Sagenwelt eingeht. Der Roman macht deutlich, wie viel Mut und Durchhaltevermögen selbst ein unscheinbarer Junge aufbringen muss, um seinem Schicksal zu begegnen.
Der Stil ist flüssig und klar, die Beschreibungen lebendig und anschaulich. Die Handlung bleibt gut nachvollziehbar, auch wenn die Epoche der Völkerwanderung zunächst fremd wirkt. Manche Szenen tragen eine ruhige Ernsthaftigkeit, andere berühren durch die Nähe zu den Figuren und lassen die Welt spürbar lebendig werden.
Beowulfs Weg wird hier vor allem in jungen Jahren gezeigt. Die Erzählung begleitet ihn durch seine Ausbildung und die prägenden Begegnungen dieser frühen Lebensphase. Die bekannten Ereignisse der späteren Saga liegen noch vor ihm, sodass dieser Band einen klaren Schwerpunkt auf seine Entwicklung und sein Heranwachsen legt.
Die Erzählung über die frühen Jahre des späteren Beowulf wirkt glaubwürdig, weil sie keinen großen Helden in den Mittelpunkt stellt. Stattdessen begleitet sie einen Jungen, der Schritt für Schritt lernt, Verantwortung zu übernehmen. Aus stillen Anfängen wächst eine Figur heran, die den Gauten später vorangeht. Die Autorin verbindet historische Elemente mit menschlicher Nähe und schafft eine Geschichte, die lange im Gedächtnis bleibt.
5 Sterne und eine ganz klare Leseempfehlung.