Die junge Anna, Tochter von Landadligen im zaristischen Russland, erfreut sich unbeschwerter Lebenslust. Sie liebt die Natur, ist wachen Geistes, liest Büchner und Feuerbach und malt gerne, als sie den Fürsten Prosorski im Hause ihrer Mutter trifft. Er ist sofort entflammt von der grazilen, natürlichen und heiteren Schönheit der jungen Frau. Schon bald hält er um ihre Hand an. Zunächst erschrocken von dem Drängen des um 17 Jahre älteren Fürsten gibt Anna doch bald nach und willigt in die Heirat ein. Untrügliche Zeichen seiner vulgären Sinnlichkeit, mit der er sie begehrt, übersieht sie, und erlebt die Zeit nach der Hochzeit als Alptraum.
Das ist die Geschichte der Sofja Tolstaja, der Frau von Leo Tolstoi. In der Kreuzersonate hat Tolstoi eine Ehetragödie abgehandelt, die unschwer als seine eigene zu erkennen ist.
Als Antwort auf diese beschreibt Sofja Tolstaja ihre Sicht der Ehe, und da entsteht ein ganz anderes Bild.
Im Gegensatz zu ihm erscheint sie in der Figur der Anna als eine Frau, die sich nach seelisch- geistiger Gemeinschaft sehnt, die ihr der Mann verweigert. Seine Sinnenlust trieb ihn immer wieder zu anderen Weibern, und sie litt unter Eifersucht und Einsamkeit. Der Fürst wird als ansehnlicher Mann beschrieben, dem sie gerne eine gute Frau war. Er aber ließ sie im Stich.
In stillem Kampf um seine Liebe versucht sie ihn bei Laune zu halten, indem sie ihm jede Art von Abwechslung bietet. Sie verbringt den Winter über mit ihm und den Kindern in Moskau, wo sie gesellschaftliche Erfolge feiert, weil sie schön, unterhaltsam und zudem eine anregende Gesellschafterin ist. Zu Bechmetew, einem Freund ihres Mannes, entbrennt Anna in heimlicher Liebe, denn er ist sensibel und wie sie den schönen Künsten zugetan. Sie bleibt jedoch treu und bemüht sich immer weiter um die wahre Liebe in ihrer Ehe, wenn ihr diese Mühe auch erhebliche Kraftanstrengungen abverlangt.
Ihr Mann ist ein untreuer, launischer Liebaber, dem es nur um die körperliche Schönheit und sein unstillbares Begehren geht. In zynischen Ausbrüchen verdächtigt er sie der Untreue, deren Auswüchse sie mit Entsetzen von sich weist.
Sofja Tolstaja ist eine begabte Schriftstellerin, die ihren inneren Stimmungen, der äußeren Schönheit der Natur und ihren tiefen Gedanken beredt Ausdruck zu geben vermag.
Die Kinder sind das größte Lebensglück der Fürstin. Ihrer Erziehung und ihrer Bildung widmet sie sich mit Überlegenheit und kluger Einsicht und findet in dieser Aufgabe ihre seelische und geistige Zufriedenheit.
Das Buch ist von klugen, in poetische Worte gefassten Lebensweisheiten erfüllt, angereichert mit eigenen Überlebensstrategien in einer fast unerträglichen Lebensgemeinschaft mit Leo Tolstoi. Die Erzählung gerät auf diese Weise zu einer Abrechnung von Frau Tolstaja mit ihrem ungetreuen, rabiaten und zynischen Ehemann.