Joachim Gauck, dessen Erinnerungen durch seine Kandidatur zur Wahl des Bundespräsidenten 2010 an Aktualität gewonnen haben, hat in einem spontan - unbefangenen Stil über seine Kindheit und Jugend in Mecklenburg und an der Ostsee geschrieben.
1940 geboren hat er die unmittelbaren Kriegsgeschehnisse noch hautnah mitbekommen. Naturgemäß war er zu klein, um die ungeheuren Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs zu erfassen. Er wuchs in Wustrow auf, einem zu Mecklenburg gehörenden Ort, in dem Landwirtschaft betrieben wurde und in der Großmütter und Tanten residierten.
Der Vater war lange im Krieg und später in Sibirien,so dass er für den kleinen Joachim erst in seinen frühen Jungenjahren in Erscheinung trat. Sehr gefühlsbetont sind die schönen Erinnerungen an das Landleben und die Ostsee. Geschwister, Großmütter, die starke Mutter und gute Freunde lassen seine Jugend in einem heiteren und frohen Licht erscheinen. Erst das Studium und die Entwicklung in der DDR bestimmten ein Leben, das sich mit der Unfreiheit einrichten musste, ohne die Selbstbestimmung aufzugeben.
Sehr gerafft beschreibt Gauck den politisch statischen Zustand in der DDR. Beruflich suchte er schon bald in Kirchenkreisen eine Heimat. Als seine zwei erwachsenen Söhne mit ihren Frauen und Kindern 1987 nach langem Kampf um die Ausreise die DDR verließen, ging ihm und seiner Frau und auch den Söhnen die Trennung sehr nah. Wenn man diese Zeilen liest, kann man ermessen, wie tragisch die Grenze der beiden deutschen Staaten Familien zerrissen und liebevolle Bindungen gewaltsam unterbrochen hat.
In seinen Erinnerungen legt Joachim Gauck beredt Zeugnis ab von seinem Werdegang in der Kirche, seinen politischen Überzeugungen, in denen er unbeugsam blieb und der Bürgerrechtsbewegung in der DDR, die zuletzt in die Freiheit führte. Über tragische Szenen weiß er zu berichten, so weit sie die Eröffnung der Stasiunterlagen betrafen. Gauck ist lange Jahre Beauftragter für die Stasiunterlagen gewesen und war stets und ständig um Aufklärung bemüht.
Der Titel zeigt eine Verkehrung der Welt, in der im Sommer Winter herrscht und im Herbst der Frühling lacht : auch so kann man die Geschehnisse einer politischen Wende deuten, denn in den Herzen der Menschen sieht es oft anders aus, als die Jahreszeit uns glauben machen will!
Gaucks Buch ist eine Ermutigung, sich dem Terror und der Infamie politischer Willkür nicht zu beugen, sondern der eigenen moralischen Überzeugung zu folgen, so schwer das auch sein mag. Diese Botschaft könnte fürderhin auch weiteren Generationen dienen: ein wenig von der Aufbruchstimmung und dem Mut zum Anpacken, der Tatkraft des Helfens und der Ermutigung zum Fortschritt ist zu jeder Zeit und gerade auch heute dienlich!