Das Genre mag etwas angestaubt sein, aber es garantiert Erfolg: Mit einem Familienroman gewannen Arno Geiger, Katharina Hacker, Julia Franck, Uwe Tellkamp und jüngst Melinda Nadj Abonji den Deutschen Buchpreis, mit einem Familienroman stürmt Jonathan Franzen weltweit die Bestsellerlisten. In einem knackig kurzen Roman, keine zwei Lesestunden lang, treibt der Bretone Tanguy Viel, 37, nun seine Spielchen mit dem Genre, so gewitzt wie wohl selten jemand vor ihm, würzt es zudem mit Zutaten eines anderen klassischen Genres, des Kriminalromans. Der Vater des Erzählers Louis ist ein armer Wicht und die Oma eine reiche Witwe, die Mutter ist eine Tyrannin und der Kumpel ein Taugenichts, und so flieht Louis eines Tages aus Brest nach Paris, die Taschen voll ergaunertem Geld, um sich von seiner Familie freizuschreiben - mit einem Familienroman.
Tobias Becker, KulturSPIEGEL 11/2010