Berlin Ende der Achtziger. Die Mauer steht noch. Kreuzberg ist noch die Hoffnung all jener, die aus der Bundesrepublik auf die Insel geflüchtet sind. In der Vielzahl Suchender, Gestrandeter, Salonrevolutionäre gibt es den Herrn Lehmann, der sich Ansprüchen gerne entzieht und dafür lieber jedem die Welt erklärt. Es ist ein Kneipenleben. Sei es beruflich als Bierzapfer oder vor der Theke als Gast. Doch es ist nicht das Leben eines Alkoholikers, vielmehr das eines Menschen, der von sich behaupten würde, dass er mehr zum Leben nicht braucht. Familie ist etwas, das zu Besuch kommt, Zukunft etwas, für das man erst einmal richtig ausschlafen muss. Der Trott bestimmt den Tag von Herrn Lehmann und seinen Freunden. Wäre da nicht die Liebe. Ein Konstrukt, das vielen mittelmäßigen Romanen zu Grunde liegt. Sie stiftet Verwirrung, sie stellt Fragen, denen man lieber aus dem Weg geht, sie fordert einen heraus. Sven Regener entgeht dem allen durch seinen wunderbaren tragikkomischen Ton. Nicht nur dass seine scheinbaren Verlierer einem ans Herz wachsen, er spiegelt das Berlin der Mauer kurz vor ihrem Fall. Menschen, die mit sich selbst beschäftigt sind, die von den Ereignissen überrollt werden. Mitten drin Herr Lehmann. Unbeholfen scheint die Trägheit seine herausragende Charaktereigenschaft zu sein. Und trotzdem besitzt er seine Sehnsüchte, seine Träume, seine Verletzungen. Der Leser fühlt sich gleich mit ihm verwandt. Nur ein Herr Lehmann kann mitten in der Nacht von einem Hund aufgehalten werden. Die einzige Möglichkeit, ihm zu entgehen, darin bestehen, den Hund betrunken zu machen. Es sind aberwitzige Szenen, durch die Herr Lehmann stolpert. Sven Regener hat ihn mit trockenem Humor ausgestattet. Die beste Erfindung dabei ist, dass Herr Lehmann für alle einfach nur Herr Lehmann ist.