In diesem wunderbaren Roman führt uns Siri Hustveldt durch den Icherzähler Leo Hertzberg in die Welt der New Yorker Kunst- und Intellektuellenszene ein.
Leo Hertzberg, ein alternder und langsam erblindender Professor für Kunstgeschichte, Sohn jüdischer Emigranten aus Berlin, lässt sein vergangenes und gegenwärtiges Leben an uns vorüberziehen. Dabei ersteht vor unserem geistigen Auge ein lebendiges Bild dieser schönen, interessanten und lebendigen Stadt New York, wie sie sich ungefähr in den letzten Jahrzehnten des ausgehenden 20. Jahrhunderts entwickelt hat. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Leo und sein Freund Bill Wechsler, ein Maler und Bildhauer. Beide sind verheiratet, ziehen in ein Haus mit getrennten Wohnungen und bekommen im gleichen Jahr jeder einen Sohn, die zusammen aufwachsen. Bills Frau Lucille befasst sich mit Dichtung und Erica, die Frau von Leo, ist Historikerin. Damit ist der Rahmen der Geschichte abgesteckt. Darum herum agieren andere Figuren, die mit den Genannten in fernem und nahem Kontakt stehen.
Ein groß Teil der Geschichte befasst sich mit Geselligkeit, Vernissagen, Kunstbetrachtungen und mit dem Austausch über die jeweilige Arbeit der verschiedenen Protagonisten.
Mit den Jahren ereignen sich Schicksale, wie wir sie aus vielen Bildungs- und Entwicklungsromanen kennen: die Ehe zwischen Bill und seiner gefühlsarmen Frau Lucille zerbricht. Violet, das ehemalige Modell von Bill, tritt an ihre Stelle. Zwischen diesen beiden ereignet sich die große Liebe, die das ganze Buch durchzieht. Auch Leos Ehe zerbricht an einem schweren Schicksalsschlag, dem frühen Tod des Sohnes Matthew.
Die Faszination des Buches liegt in der hohen Qualität der Beschreibungen und einem ausgefeilten Reflexionsvermögen der Autorin. Sie bringt den Leser unweigerlich dazu, den eigenen Lebenslauf und den von Freunden in Vergleich zu bringen, um festzustellen, dass die Wünsche und Erwartungen des frühen Beginns mit den Realitäten des Lebens nicht konform gehen und um zu begreifen, dass eine Vielzahl von Einflüssen das eigene und das Leben der Kinder und Freunde wechselvollen Geschicken aussetzt. Trauer über Vergängliches und Bedauern über nicht Gelungenes macht das Werk zu einem, das ohne Sentimentalität an die Gefühlswelt des Lesers rührt. Für mich ist das Buch dem Rang nach durchaus Jonathan Franzens "Die Korrekturen" und Philip Roth "Der Menschliche Makel" gleichzusetzen.