Man stelle sich vor, Ken Follett und George R. R. Martin hätten sich entschlossen, zusammen einen Roman zu schreiben. Und dann lief Ihnen noch zufällig Robert Kirkman, der Autor von 'The Walking Dead' über den Weg, der ebenfalls dabeisein wollte. Nun hat man eine ungefähre Ahnung, welchen Unterhaltungswert, welche Originalität und welche Detailverliebtheit auf die Leser*innen wartet.
*Die Gabe der Könige* ist der erste Teil einer Trilogie und wird gerne mit *Game of Thrones* verglichen. Letzteres stimmt insofern, als sich in beiden Werken die Handlung in einer mittelalterlich anmutenden Welt abspielt, in die nach und nach mythische und übersinnliche Elemente einfließen. Zudem geht es jeweils um Intrigen und Verschwörungen. *Die Gabe der Könige* ist aber absolut eigenständig und keinesfalls abgekupfert. Band 1 erschien im Übringen unter anderem Titel auch erstmals 1995, Game of Thrones meines Wissens erst 1996.
Inhaltlich eine sehr spannende Fantasy-Geschichte, die durch den jugendlichen, häufig unsicheren Protagonisten und Ich-Erzähler zur Identifikation einlädt. In der ersten Hälfte ist die Geschichte des Bastards Fitz Fantasy zum Wohlfühlen, welche die üblichen Muster des illegitimen Sohns, der Großes leisten wird, bedient. Dann aber bricht mit dem ersten Auftreten der Entfremdeten ein Horror-Element in die Handlung ein, das Anleihen bei Zombie-Serien nimmt.
Das alles ist gut geschrieben und flüssig zu lesen. Die Charaktere sind interessant und teils geheimnisvoll, teils auch richtig schön böse und hassenswert. Dabei werden allzu drastische Schwarz-Weiß-Malereien vermieden. Die eigentlich erwarteten großen Schlachten und finalen Auseinandersetzungen um das Fortbestehen der Welt gibt es in diesem Buch nicht - zum Glück ist hier alles etwas subtiler und realistischer. Natürlich nur, sofern man bei einem Fantasy-Roman von realistisch sprechen will.
Besonderen literarischen Wert kann man dem Roman sicher nicht zuschreiben. Aber er bedient exakt die Erwartungshaltung der Genrefreunde und weiß auf allen Ebenen zu gefallen und zu überzeugen. Keine Kunst, aber ein großes Lesevergnügen.
Besser hätten das auch Follett, Martin und Kirkman nicht machen können.