Als Journalist, der viele Jahre für die ARD aus Israel berichtet hat, und der selbst dort lebt, ist Richard C. Schneider für den politisch und kulturell interessierten Leser ein ausgezeichneter Israel-Erklärer. Obwohl Israel und der Nahe Osten in den Medien sehr präsent sind, sind die Informationen, die man in den Tagesnachrichten bekommt, viele kleine Mosaiksteinchen, die sich aber nicht zu einem umfassenden Gesamtbild zusammenfügen (jedenfalls gelingt mir das Zusammenfügen nicht). Genau ein solches Gesamtbild liefert Schneider hier auf knapp 300 Seiten. Er beleuchtet dabei die Geschichte, die heterogene Gesellschaft des Landes, die gegenwärtige Netanjahu-Regierung, die Friedensaussichten, und äußert sich umfassend zum Thema Antisemitismus. Was die Konfliktsituation im Nahen Osten betrifft, schreibt er aus seiner persönlichen Perspektive (wie auch sonst), aber das heißt nicht, dass es eine platte Unterscheidung zwischen den Guten hier und den Bösen dort gäbe. Im Gegenteil, Schneiders Blickwinkel ist weit, seine Einschätzungen sind differenziert, und das macht dieses Gesamtbild so interessant.
Ich finde dieses Buch sehr lesenswert und lehrreich für das Verständnis des Landes und seiner Menschen. Lehrreich auch, weil es erklärt, warum eine Konfliktlösung im Nahen Osten so schwierig ist. Und es zeigt, dass es leider immer wieder nötig ist, den Antisemitismus im Blick zu haben, ihn zu benennen und ihm entgegenzutreten.