Höhepunkte abendländischer Kunst
Auf den ersten Blick hat das Werk einen hohen Preis. Aber schon bald ist man von seiner Berechtigung überzeugt: Eine solche Fülle an hochklassigen Gemälden, eine solche weitgefasste Übersicht über das "Goldene Zeitalter der niederländischen Malerei" hat es noch nicht gegeben.
Das Ende des 30.jährigen Krieges 1648 brachte den Niederlanden die Teilung. Die nördlichen Provinzen befreiten sich von der Herrschaft der Spanier und nahmen den calvinistischen Glauben an, während die südlichen Provinzen Teil Spaniens und katholisch blieben. Das führte zu einem Wettstreit besonders auch in der Malerei. Um 1650 stellten etwa 700 Maler jährlich 70 000 Gemälde her.
Im Norden schätzte man Stillleben, Landschaften und Genreszenen, im Süden dominierten religiöse und mythologische Historienbilder sowie Porträts von Adeligen. Eines ist allen Werken gemeinsam: Sie sind von höchst beeindruckender Präzision und Detailtreue. Die Personen sind keine Typen, sondern selbstbewusste Individuen. Das reicht von den stolzen Selbstporträts eines Rembrandt oder Rubens bis hin zu den intimen, manchmal deftigen Konterfeis seiner Mitbürger von Frans Hals,- wer freut sich nicht über seine "Malle Babbe"!
Stark ausgeprägt ist das Selbstbewusstsein der in Männerbünden organisierten Berufsgruppen, allen voran in Rembrandts "Nachtwache", "Die Anatomie des Dr. Tulp" oder "Die Vorsteher der Tuchmacherzunft". Breiten Raum nehmen See- und Landschaftsbilder ein. Nie zuvor hat man derart feingestaltete Stadtansichten gesehen (Vermeer, Ruisdael). Paulus Potter fügt sich hier mit lebensnahen Bildern von Tieren und ihrem Lebensraum ein. Roelant Savery huldigt der Natur in einer Allegorie mit Vögeln. Daneben erfreuen zahlreiche aufs Feinste gemalte Blumenstillleben, u.a. von Jan Brueghel. Vielfach steht die Tulpe im Mittelpunkt, deren Zwiebeln zu dieser Zeit in Gold aufgewogen wurde.
Der Siegener P.P.Rubens tritt mit üppigen Akten und Historienbildern hervor, während Vermeer mit zarten, intimen Porträts überzeugt. Sehr vornehm und dennoch nicht kühl beeindrucken uns die Porträts van Dycks. In krassem Gegensatz dazu belustigen die oft derben Wirtshausszenen von J. Jordaens,- herrlich "Der Bohnenkönig"! Von bestechender Schönheit und Klarheit sind die Innenansichten von Kirchen und Domen des E.de Witte.
Die Fülle an Themen und Motiven ist kaum überschaubar. Und den meisten Darstellungen sind noch Geheimnisse und Sinngehalt impliziert, die sich erst auf den zweiten Blick öffnen. Der Autor dieses gewaltigen Kompendiums gibt uns dankenswerter Weise viele erklärende Hinweise und lasst uns etwas von seinem umfangreichen Wissen auf diesem Gebiet erahnen.
Sehr überzeugend!
Karlheinz Schmiedel