Ich hatte mich auf das Buch gefreut, wurde aber enttäuscht.
Die ersten Seiten gefielen mir noch, denn es wurde nicht nur über Worte (oder besser Wörter ) sinniert, sondern auch über die wichtigen Themen des Lebens - Liebe und Tod.
Aber im Laufe der Lektüre empfand ich Merciers Wortgeklingel als immer prahlerischer.
Seine Figuren haben mit normalen Menschen nur wenig zu tun. In dem Roman wimmelt es von Leuten, die mindestens 10 Sprechen perfekt beherrschen, die Verlage erben oder Verlagserbinnen heiraten. Denen ihren Eltern, Ehefrauen, Onkel oder Nachbarn ein Riesenvermögen hinterlassen und die genug Geld haben um mal eben 1 Million Euro (oder Pfund?) zu verschenken.
Und dann stört mich als ehemalige MTRA noch die schlechte Ausarbeitung der eigentlich zentralen Szene des Romans.
Da steckt nämlich eine Röntgenassistentin die MRT-Bilder des Protagonisten in die falsche Röntgentüte - mit fatalen Folgen. Sowas kann zwar mal passieren, aber ein solcher Fehler wird spätestens bei der Befundung der Bilder entdeckt, zumal bei einem derart schwerwiegenden Krankheitsbild.
Mercier hat ganz einfach die Abläufe in einer Röntgenabteilung überhaupt nicht recherchiert, sonst hätte er das gewusst. In dem konkreten Falle hätte es zunächst den schnellen Vorbefund gegeben und schon da wäre der Fehler vermutlich aufgefallen, denn in solch gravierenden Fällen schaut man nicht nur einmal auf das Röntgenbild sondern vergewissert sich. Und es gibt IMMER eine schriftliche, exakt ausgearbeitete Endbefundung bei der kein Radiologe nur auf die Röntgentüte schaut, sondern stets auf den Namen, der sich auf jedem einzelnen Bild befindet, sofern nicht ohnehin (wie heutzutage fast überall üblich), die Bilder auf dem Monitor betrachtet und von dort aus auch befundet werden.
Und dann der Röntgenschirm von dem immer wieder die Rede ist. Da stimmt die Bezeichnung nicht.
Mercier schreibt über Worte und Wörter, da erwarte ich eigentlich, dass er selber korrekte Wörter verwendet.
Das Gerät, an dem Röntgenbilder aufgehängt werden, um sie sich anzusehen oder sie anderen Menschen zu zeigen, heißt ganz einfach Lichtkasten oder Leuchtschirm, aber definitiv nicht Röntgenschirm. Der Röntgenschirm ist ein Teil des Durchleuchtungsgerätes, auf dem während der Untersuchung die Bilder entstehen und sichtbar sind.
Kein Arzt würde diese Bezeichungen falsch anwenden, in dem Roman ist das aber leider so.
Wenn ein Autor, der so stolz auf seine sprachlichen Fähigkeiten und seinen differenzierten Wortschatz ist, derart banale Dinge verwechselt, dann ist das einfach peinlich.
Mercier sollte sich vor seinem nächsten Roman über Fakten, die ihm fremd sind, besser sachkundig machen.