Im Frühjahr 1975 bekamen die religiösen Autoritäten der israelischen Drusen ein unerwartetes Geschenk: Der einflussreiche drusische Führer Kamal Dschumblat schickte ihnen zwei bislang unbekannte Handschriften. Die Texte hießen Aš-Šar a ar-r niyya f ul m al-la f wa al-bas wa al-ka f (Das spirituelle Gesetz über die Wissenschaften vom Subtilen, Einfachen und Dichten) und Mu af al-munfarid bi- tihi (Schriftrolle des wesenhaft Einzigartigen) und galten als Teil des längst verlorenen drusischen Erbes, das Kamal Dschumblat nach mühseliger Suche wieder aufgefunden hatte. Zusammen mit zwei anderen ebenfalls von Dschumblat entdeckten Handschriften Ras il al-Hind (Indische Sendschreiben) und Si ill sar ir al-awwal wa al- ir (Register der Geheimnisse des Ersten und des Letzten) dienen sie neben der kanonischen Schrift Sendschreiben der Weisheit als religiöse Bezugsquellen für einen großen Teil der drusischen Gemeinschaft. Eine eingehende textologische Analyse der Handschriften zeigt, dass es sich in allen vier Fällen um Mystifikationen handelt, deren Quellen sich recht genau identifizieren lassen. Diese Feststellung wirft einige Fragen auf, vor allem zur Identität des mutmaßlichen Verfassers und zu den Beweggründen solcher Mystifikation. Hier wird anhand konkreter Beispiele aufgezeigt, welche Texte jeder einzelnen Handschrift zugrunde liegen, und es wird Auskunft über den Verfasser und seine Motivation gegeben. Dabei wird auch auf die mythologische und intellektuelle Grundlage der drusischen Glaubenslehre eingegangen.