Die Schweizer Schriftstellerin Alexandra Lavizzari hat, neben vielen Romanen, auch mehrere Paarbiografien geschrieben:
Carson McCullers und Annemarie Schwarzenbach
Harper Lee und Truman Capote
Ihr Buch über die Liebebeziehung von Vita-Sackville-West und Virginia Woolf ist jetzt neu aufgelegt worden. Sie schreibt gleich zu Anfang:
Wer Virginia Woolf zum längsten Liebesbrief der Weltliteratur inspiriert hat, ist nie ein Geheimnis gewesen. Orlando, so wollte es die Autorin, sollte als Biografie gelesen werden und nicht als Roman, und damit auch ja kein Zweifel an der Identität des Titelhelden beziehungsweise der Titelheldin aufkommen konnte, fügte sie dem Werk acht Fotografien bei, von denen drei die geliebte Freundin zeigen. Den letzten Zweifel beseitigte die Widmung: Für Vita Sackville-West.
Wir erfahren viel über Orlando - Alexandra Lavizzari zeigt an Beispielen auf, wie groß der Einfluss Sackville-Wests auf die Entstehung dieses Romans war. Virginia Woolf schreibt später dazu: Es wäre fatal, einfach ein Mann oder eine Frau zu sein. Es wäre besser, Frau-männlich und Mann weiblich zu sein.
Virginia Woolf lernt Vita Sackville-West auf einer Dinnerparty kennen. Auch Vita ist eine erfolgreiche Schriftstellerin, hauptsächlich Reiseberichte, Gedichte und Romane, später kommen Gartenbücher dazu. Aus der Freundschaft der beiden Frauen entwickelt sich eine Liebesbeziehung.
Alexandra Lavizzari schreibt feinfühlig über diese Liebe mit ihren mit Ups and Downs, , Glückseligkeiten, Eifersüchteleien und auch schriftstellerischen Rivalitäten.
Vita bewundert Virginia, möchte von ihr lernen, doch sie weiß, dass sie niemals deren sprachliches und künstlerisches Niveau erreichen wird. Virginia bewundert Vita, sie ist die ideale Frau-männlich: tatkräftig, ungekünstelt, steht sie mitten im Leben, jeder Belastung trotzend und Romane in zügiger Folge produzierend. Allerdings sehen sie bei nüchterner Betrachtung die jeweils andere durchaus kritischer. So stört Virginia die oft unbeholfene Art der Freundin und ihre Bücher sind ihr zu schlicht und unbedeutend.
Die Beziehung erfährt eine Wende als Vita mit ihrem Ehemann, einem Diplomaten, für eine längere Zeit nach Persien geht. Die nachdenkliche, oft schwermütige Virginia bleibt zurück, während Vita scheinbar ein erfülltes Leben führt. Mann, Kinder, Gäste, literarische Produktion - pragmatisch zupackend kriegt sie einfach alles geregelt. Trotz großer Sehnsucht fällt das erste Treffen nach dieser Trennung nichtssagend bis enttäuschend aus. Nach und nach wandelt sich diese stürmische, große Liebe in Freundschaft.
Alexandra Lavizzari hat exzellent recherchiert und schreibt kenntnisreich und anspruchsvoll vom Leben, Kunst und Liebe dieser beiden Frauen. Leseempfehlung für alle Literaturinteressierten.