"London Black" ist das Romandebüt von Jack Lutz, der selbst in London lebt.
Zum Inhalt
London, 2027. Bei terroristischen Anschlägen wird ein neuartiges Nervengift eingesetzt, dass für 10% der Bevölkerung, die Vulnerablen, unter langen Qualen zum Tod führt. Nur wenige von den Betroffenen überleben, die Survivor. Dem Wissenschaftler Flinders Cox ist es gelungen, das einzige Mittel zum Schutz gegen das Nervengift zu entwickeln.
Nun wird er unter mysteriösen Umständen tot in seiner Villa aufgefunden. DI Lucy Stone ermitteltdoch plötzlich geht es für sie selbst um Leben oder Tod.
Meine Eindrücke
Mich als Biologin reizen Thriller mit wissenschaftlichem Setting immer sehr, daher hat es auch dieses Buch in meine Hände geschafft.
Ich war von vornherein positiv überrascht von dem erfrischend anderen Erzählstil. Obwohl die Geschichte aus der dritten Person erzählt wird, werden fortlaufend Gedanken der Protagonistin, DI Lucy Stone eingewoben, die die Erzählung deutlich persönlicher werden lassen. Mich hat diese Kombination dazu veranlasst sehr schnell in die Geschichte einzutauchen und sie geradezu zu verschlingen. Andere mag es vielleicht im Lesefluss stören, daher meine Empfehlung: ein Reinlesen lohnt sich, denn diese Erzählweise wird über den gesamten Roman aufrechterhalten!
Der Spannungsaufbau gefiel mir auch sehr gut. Man wird gleich zu Beginn mitten in die Handlung geworfen was ich persönlich sehr mag, bekommt allerdings nur häppchenweise Infos zum Setting der London Black Anschläge zwei Jahre zuvor. Vereinzelt geben dabei Rückblenden direkten Einblick in die Geschehnisse von 2027. Einblicke, die es in sich haben, denn die Wirkung von London Black ist überaus qualvoll und wird sehr bildlich beschrieben!
Gleichzeitig wird durch den Mord an Flinders Cox ein Kriminalfall geschaffen, der geschickt mit dem Setting verbunden ist. Die Ermittlungen schildern neue und spannende Aspekte in der Gegenwart von 2029, dienen jedoch ebenfalls dazu, die Hintergründe von 2027 weiter zu zeichnen.
Klar sagen muss man allerdings, dass die Ermittlungen zum Mordfall deutlich weniger im Fokus dieses Romans stehen als die Umstände um London Black. Dies hat mich allerdings nicht gestört.
Das dritte große Spannungselement ist die Protagonistin: Lucy ist selbst eine der Vulnerablen und abhängig von der zuverlässigen Wirkung der Booster, die vor London Back schützen. Gleichzeitig ist sie von den Vorfällen in 2027 stark traumatisiert, leidet an Schlafstörungen, Flashbacks, Panikattacken und wird von einer ausgeprägten Schuld getrieben. Letztere wird im Verlauf der Handlung sehr stark aufgebauscht zu stark, für mein Empfinden, denn die letztendliche Aufklärung war für mich nicht zufriedenstellend.
Lucy ist eine sehr unruhige Person, durch ihr Trauma sehr unberechenbar, rücksichtslos, gleichzeitig aber auch brillant. Eine interessante Mischung, die ich mochte. Das Wichtigste aber war: Sie war ein von vorn bis hinten konsequent handelnder Charakter.
Die übrigen Charaktere im Buch sind sehr markant, teils sympathisch, teils unsympathisch.
Alles in allem war die Handlung für mich recht rund, auch wenn mich ein paar Stellen nicht zu hundert Prozent überzeugen konnten und ich den Epilog etwas überzogen fand. Einige Fragen blieben offen, deren Klärung ich gerne gelesen hätte.
Mein Fazit
Das Buch hat mich in jedem Fall sehr gut unterhalten. Der Erzählstil war für mich erfrischend anders, ist allerdings vielleicht nicht jedermanns Sache.
Das Setting ist originell und die Handlung spannend, allerdings wurde das große Potenzial von beidem nicht zu 100% ausgeschöpft.
Ein etwas anderer, aber durchaus sehr lesenswerter Thriller, der durch viel Spannung punkten kann. Wem die Ermittlung in einem Kriminalfall sehr wichtig ist, greift aber vielleicht besser zu einem klassischen Krimi.