Liebt ihr es, neue Autor*innen kennenzulernen und ihre literarischen Werke zu entdecken? Dann möchte ich euch die Bücher der Schriftstellerin Alice Hunter ans Herz legen, welche mit ihrer packenden Reihe "Die Familie des Serienkillers"" für Aufsehen auf dem Buchmarkt gesorgt hat. Nach ihrem gelungenen Start mit dem ersten Band "Die Frau des Serienkillers" folgt nun der zweite Band "Die Tochter des Serienkillers". Hierbei handelt es sich nicht um eine miteinander verwobene Familiensaga, sondern um unabhängige Romane, welche in sich abgeschlossene, um Serienkiller kreisende Geschichten erzählen und von ihren Leser*innen keinerlei Vorkenntnisse erfordern.
Alle Cover dieser Reihe sind genau aufeinander abgestimmt worden. Für den zweiten Band ist die Farbe (Blut-) Rot gewählt worden. Auch der farbige Buchschnitt, welcher den Vornamen "Jenny" plakativ in Szene setzt, ist in diesem Farbton gestaltet worden. Wieder sieht man das Anlitz einer jungen Frau, die ihre Betrachter*innen mit einem unergründlichen Ausdruck in ihren Augen anschaut.
Das Setting ist annähernd gleich geblieben. Der Psychothriller spielt in einem idyllischen Dorf in der Grafschaft Devon im Südwesten Englands, wo die Tierärztin Jenny mit ihrer Familie, ihrem Mann Mark und ihren zwei KIndern Ella und Alfie, lebt. Ihr Familienleben scheint glücklich, bis es durch mysteriöse Vorgänge tief erschüttert wird. Das Geschehen spielt auf mehreren zeitlichen Ebenen, in der Vergangenheit und der Gegenwart, und wird aus wechselnden Perspektiven geschildert. In erster Linie kommen Jenny und Mark in der "Ich"-Perspektive zu Wort, durchbrochen werden ihre Ausführungen von den Erinnerungen des Serienkillers, der zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden ist und in einem britischen Gefängnis einsitzt, und einer unbekannten Person, die mit ihm Kontakt aufgenommen hat, um (angeblich) eine Biographie über ihn zu verfassen.
Im Fokus des Psychothrillers steht die Tochter eines Serienkillers. Jenny ist eine zerrissene Persönlichkeit, die unter traumatischen Erlebnissen in ihrer Vergangenheit leidet. Ihr Verhältnis zu ihrer besitzergreifenden Mutter ist zerrüttet, sie hat sie vor zwanzig Jahren verlassen und jeden Kontakt mit ihr abgebrochen. Dahingegen hat sie mit ihrem Vater, der sie als seine "Prinzessin" bezeichnete, eine innige Beziehung geführt. Ohne 'Wissen der Mutter durfte sie ihn in seiner Freizeit an abgelegene Orte begleiten, die sich in der Retrospektive als spätere Tatorte von Verbrechen entpuppten. Nach seiner Verhaftung und Verurteilung ist dieses enge Band von Vater und Tochter zerrissen. Als einziges Kind eines Serienkillers sieht sie sich öffentlich gebrandmarkt. Aus diesem Grunde hat sie ihre Heimat verlassen, ihren Vornamen Jane abgelegt, eine neue Identität angenommen und eine bürgerliche Existenz erarbeitet. Jenny ist eine sehr misstrauische Persönlichkeit, die alles mit sich selbst ausmacht. Aus Selbstschutz pflegt sie kaum private Kontakte und spricht nicht über ihre traumatischen Erlebnisse, weil sie ablehnende Reaktionen und mangelndes Verständnis fürchtet.
Alice Hunter ist ein fesselnder, temporeicher Psychothriller mit überraschenden Twists gelungen, der alle Leser*innen begeistern wird. Insbesondere die mit unerklärlichen Vorgängen verknüpften, stressbedingten Blackouts von Jenny tragen zur Verwirrung bei. Bei der Lektüre ist man hin und hergerissen und weiß nicht mehr, was und wem man glauben soll. Ich habe dieses Buch sehr genossen und spreche eine ausdrückliche Lese-Empfehlung aus.