Obwohl der Roman über einhundert Jahre alt ist, kann man ihn gut lesen. Es gibt ein paar Formulierungen, die etwas ungewohnt sind, aber im Großen und Ganzen merkt man dem Roman sein Alter nicht an. Ich fand es sehr interessant, ein Buch zu lesen, das nicht nur über diese Zeit schreibt, sondern auch zu dieser Zeit entstanden ist. Die Charaktere sind sehr schön gezeichnet, ich hatte sie direkt vor Augen und ihre Gedanken und Handlungen waren sehr nachvollziehbar. Frau Hempel möchte den sozialen Aufstieg für ihre Tochter und ist sehr findig im Auftun von Verdienstmöglichkeiten. Durch die diversen Arbeiten kommt sie mit einer Vielzahl an Personen in Kontakt und der Roman zeichnet sich durch eine pointierte Beobachtung und feinem Humor aus. Ab und zu gibt es kleine Sätze, die - fast wie Sprichwörter - lebenskluge und weise Aussagen treffen oder Zusammenfassungen bieten. Oft schwingt eine ironische Note mit, das hat mir sehr gut gefallen, ebenso wie die vielen starken Frauen im Buch. Das Nachwort von Margret Greiner fand ich sehr gelungen und bereichernd, da sie viele Details sehr treffend analysiert hat und Hintergrundinformationen zur Autorin bringt.