Der Autor nähert sich in seinem Roman "Die Ausweichschule" einem Teil seiner eigenen Biografie an - das Erfurter Attentat, welches er als 5.Klässler selber miterlebte. Dabei wechselt er zwischen
Schulerinnerungen, Schreibprozessreflexionen und Fremdstimmen (ehemaliger Mitschüler, damals behandelnde Therapeutin, Dramaturg).
Schmunzeln musste ich über den Einstieg, in dem sich der Autor mit einem Lektor unterhält, der ihm rät, doch mehr wie Joachim Meyerhoff zu schreiben. Ok, ganz wie Meyerhoff klingt der Roman dann nicht... Immer wieder geht es um die Metaebene - warum schreibt man über Gewalt? Warum braucht es gerade vom Autor eine solche Auseinandersetzung? Und trotz einem gewissen Hang zum Intellektualisieren und einer fast Hyperselbstreflexion liest man zwischen den Zeilen die Spuren heraus, die dieses für die Stadt Erfurt traumatische Ereignis beim Autor hinterlassen hat. Wenngleich er immer wieder betont, ja eigentlich nichts gesehen zu haben, erfährt man
viel über die anschließende (Nicht-)Verarbeitung.
Als Leser muss man vielleicht eine gewisse Freude für das stete Wechseln von Perspektiven und bisweilen Artifizielle haben. Dennoch habe ich den Roman gerne gelesen - tolle Sprachbilder, kluge Gedanken, interessante Perspektiven. Ich hab hier das Schreiben des Autors vielleicht sogar als eine Art Sich-Freischreibens erlebt und ihn gerne dabei begleitet.