In "Der Trailer", dem Auftakt der Donkerbloem-Trilogie von Linus Geschke, verschwindet ein junges Mädchen spurlos von einem Campingplatz in den belgischen Ardennen. Vierzehn Jahre später wird der alte Fall von der suspendierten Kommissarin Frieda Stahnke aus persönlichen Gründen neu aufgerollt. Unterstützt wird sie dabei auf ungewöhnliche Weise von einem zwielichtigen Barbesitzer und weiteren, teils fragwürdigen Personen. Parallel dazu greift ein True-Crime-Podcast das Thema erneut auf und bringt neue Bewegung in den alten Fall.
Geschke nutzt in diesem Roman wieder viele seiner bekannten Stärken. Er hat ein gutes Gespür für Figuren mit Ecken und Kanten, für ungewöhnliche Konstellationen und Beziehungen, die Reibung erzeugen. Auch die Atmosphäre des scheinbar idyllischen Campingplatzes mit dunkler Vergangenheit wird sehr stimmig beschrieben. Sehr gelungen ist das Cover mit dem hell beleuchteten Wohnwagen vor dunklem Hintergrund mit passendem Farbschnitt.
Die Erzählstruktur wechselt zwischen Vergangenheit und Gegenwart, was dem Roman Tiefe verleiht. Die parallelen Handlungen gefallen mir persönlich sehr gut, da sie unterschiedliche Blickwinkel und Dynamiken ermöglichen. Allerdings sind die Perspektivwechsel mitunter etwas zu abrupt. Man wünscht sich an einigen Stellen mehr erzählerische Ruhe. Zudem wiederholen sich manche Aspekte und Motive im Verlauf der Geschichte, was stellenweise zu Längen führt. Das ist ein Punkt, den ich auch schon bei anderen Büchern des Autors beobachtet habe.
Linus Geschke schreibt flüssig und klar. Sein Stil ist direkt und lässt sich gut lesen. Dennoch bleibt für mich das große Manko, dass der Roman nur bedingt als Thriller funktioniert. Die Spannung kommt nur langsam in Gang, Wendungen sind für erfahrene Lesende oft früh absehbar und über längere Passagen hinweg fehlt die nötige Dynamik, die man bei diesem Genre sucht. Die Kapitel aus der Perspektive des Täters (Der Fremde) bringen zwar Abwechslung und Atmosphäre, verlieren aber durch die häufige Unterbrechung an Wirkung.
Trotz dieser Schwächen bleibt "Der Trailer" insgesamt ein solider Auftakt mit Potenzial. Die Figuren sind glaubhaft, der Handlungsort atmosphärisch dicht und thematisch werden größere Fragen aufgeworfen, die dem Buch mehr Tiefe geben als man auf den ersten Blick vermuten würde. Ich werde dem zweiten Band auf jeden Fall eine Chance geben.