In diesem Band bündelt Judith Siegmund eine Reihe von Essays zu einer Kunstphilosophie mit zeitdiagnostischem Anspruch. Im ersten Teil werden Möglichkeiten künstlerischen Handelns vor dem Hintergrund der digitalen Transformation analysiert, die nicht nur Produktions- und Rezeptionsweisen, sondern auch ihre institutionellen Rahmenbedingungen tiefgreifend verändern. Siegmund zeigt, wie algorithmische Steuerung, Plattformlogiken und neue Öffentlichkeiten auf die Situation künstlerischer Autonomie einwirken. Künstlerisches Handeln muss sich mit den durch die digitale Gegenwart geschaffenen Bedingungen auseinandersetzen. Der zweite Teil widmet sich der Verschiebung ästhetischer Wertmaßstäbe in einer globalisierten, kulturell heterogenen Welt. Der ehemals dominante westlich-universalistische Kunstbegriff wird brüchig. Statt normativer Gewissheiten treten konfligierende Deutungen und ethische Spannungen in den Vordergrund. In dieser Gemengelage wird künstlerisches Handeln zur kritischen Praxis zwischen Bedeutungsverlust, Re-Politisierung und ethischer Orientierung. Der dritte, systematisch-philosophische Teil des Buchs arbeitet den Unterschied zwischen künstlerischem und ästhetischem Handeln heraus. Im Zentrum steht die Frage, wie sich künstlerische Intentionalität gegenüber ästhetischer Rezeption und moralischer Zwecksetzung bestimmt. Künstlerisches Handeln wird als mehrdimensionale Praxis begriffen, in der ästhetische, ethische und epistemische Aspekte untrennbar miteinander verflochten sind.