Mit dem Seziermesser hat Arthur Schnitzler das gehobene Bürgertum wie die adelige Gesellschaft seiner Zeit beobachtet und beschrieben. Ihre geheimen Wünsche haben schon im Reigen auf den Bühnen für einen Skandal gesorgt. In der Traumnovelle geht der Autor subtiler vor. Der Seitensprung ist hier etwas, was erträumt, erdacht und zur Qual wird. Fridolin und Albertine geraten in Versuchung und setzen ihre Ehe aufs Spiel, indem sie ehrlich zueinander sind. Dass dies nicht unbedingt der beste Ratschlag ist, muss der Arzt feststellen, als seine Ehefrau ihm von einem Traum erzählt und unglücklich zu sein scheint, vor ihm noch nie mit einem Mann zusammen gewesen zu sein. Wegen eines Patientenbesuchs muss der Arzt aus dem Haus und streift von da an durch das nächtliche Wien, getrieben von dem Gedanken an Albertine und ihren Sehnsüchten. Er durchlebt seltsame Begegnungen, beinah kommt es zu einem Duell und landet schließlich auf einem erotisch aufgeladenen Kostümball, zu dem er sich die Parole erschlichen hat und als ungebetener Gast entlarvt wird. Schnitzler versteht sich darauf, die Demaskierung seines männlichen Helden als schlechtes Gewissen darzustellen, seine Entwurzelung durch einen einzigen Traum, als etwas zu beschreiben, was längst in ihm ruhte und nun ausgebrochen ist, ohne dass es sich wieder einfangen lässt. Als es gegen Ende zu einem Geständnis kommt, empfindet der Leser die mühselige Beibehaltung dieser Ehe wie die Vertreibung aus einem Paradies, das sowohl Albertine als auch der Arzt für sich maßgerecht geschneidert hatte. Außerhalb des Traums jedoch, im Alltag hat das Paradies nie existiert.