Achtundfünfzig Jahre ist er mittlerweile alt, der Commissario Salvo Montalbano aus Vigata auf Sizilien. Schon seit einigen Folgen der einzigartigen Krimireihe von Andrea Camilleri setzt sich sein Protagonist mit seinem eigenen Alter und mit seiner Endlichkeit auseinander. Nimmt es da Wunder, wenn der neue, in Italien schon 2008 erschienene Roman Die Tage des Zweifels damit beginnt, dass Montalbano von seinem eigenen Tod träumt, zu dem ihm die Kollegen kondolieren und dessen Ursachen der Gerichtsmediziner Pasquano zweifelsfrei feststellt. Zwei Dinge treffen ihn besonders hart im Traum, der schon einiges mit seinem aktuellen Leben zu tun hat: er darf nicht ermitteln und seine Freundin Livia, die außer bei ein bis zwei konfliktreichen Telefongesprächen pro Buch schon lange nicht mehr wirklich auftaucht, kann nicht an seiner Beerdigung teilnehmen.
Der Fall, den Montalbano in diesem Buch zu lösen versucht, ist wie immer zunächst eher zur Nebensache degradiert. Dieses Mal geht es um eine im Gesicht total verstümmelte Leiche, die von einer Yacht an Land gebracht wird. Diese Yacht und seine Besitzerin und Crew spielen denn auch eine wichtige Rolle bei der Beschreibung des spezifisch sizilianisch -italienischen Hintergrunds des Falles, der in keinem Buch von Camilleri fehlt. Zentral und für Montalbano sehr verwirrend geht es aber um seine Beziehung zu Laura, die in der Hafenbehörde arbeitet und natürlich auch mit dem Fall zu tun hat. Montalbano war in den bisherigen dreizehn Folgen der Reihe schon das eine oder andere Mal versucht, seiner Livia untreu zu werden, doch noch nie hat es ihn, jedenfalls in meiner Erinnerung, so hart und tief erwischt wie dieses Mal.
Mit dem Fortgang des Buches nimmt die mit viel Phantasie ausgedachte Handlung Fahrt auf und am Ende gibt es einen regelrechten Showdown, bei dem Montalbano zeigt, was er noch drauf hat.
Camilleris Biographie bei wikipedia entnehme ich, dass es zur Zeit noch fünf Romane der Serie gibt, die noch nicht übersetzt sind. Da können sich alle Freunde von Montalbano noch die nächsten Jahre auf gute Bücher freuen.