'Was wir über unsere Umwelt, über unsere Mitmenschen, ja sogar über uns selbst wissen, haben wir durch Wahrnehmung erfahren. Was ist das nun für ein Prozeß, den wir »Wahrnehmung« nennen? Unsere erlebte Welt wird durch diesen Prozeß definiert." Wir beginnen mit diesem Zitat aus einem psychologischen Wahrnehmungs lehrbuch (MURCH & WOODWORTH 1977, S. 11), um damit die Bedeutung zu betonen, die Wahrnehmung aus psychologischer, aber auch aus alltäglicher Perspektive hat. Wahrnehmung definiert unsere erlebte Welt, sie ist die Grundlage unseres Wis sens und Handelns, und es überrascht daher nicht, daß sich Philosophen seit eh und je mit der Frage beschäftigen, worin sich unsere Wahrnehmungen gründen. Sind sie Abbildungen einer externen Welt, oder sind sie geistige Konstruktionen? Der Radikale Konstruktivismus ist eine Kognitionstheorie, die Erkenntnis als kon struiert betrachtet und damit die zweite Anschauung vertritt. Auch psychologi sche Wahrnehmungstheorien (BRUNER 1957, NEISSER 1976) tendieren in diese Richtung, indem sie die Beteiligung interner Faktoren am Wahrnehmungsprozeß postulieren. In letzter Konsequenz können sie die Annahme einer konstruierten Wahrnehmung jedoch nicht akzeptieren. 'Wenn Wahrgenommenes konstruiert ist, wieso ist es normalerweise genau?" fragt sich NEISSER (1979, S. 24) und spricht damit die Frage nach der Ursache für die Stabilität der Wahrnehmung an. Wenn diese nicht in der Richtigkeit einer Abbildung gründet, worin dann? Radikale KonstruktivistInnen widmen sich genau dieser Frage und versuchen zu zeigen, nach welchen Prinzipien eine stabil erlebte Welt konstruiert werden kann. Das ist der Anlaß für uns, an psychologische Wahrnehmungstheorien anknüpfend den Radikalen Konstruktivismus in die Wahrnehmungspsychologiehineinzutragen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung. - 2. Psychologie und Konstruktivismus. - 3. Entwurf eines psychologisch/konstruktivistischen Wahrnehmungsmodells. - 4. Beobachtungen am Prozeß der Erkenntniskonstruktion. - 5. Der Einfluß des Kollektivs auf die Wahrnehmung: Eine Erweiterung des konstruktivistischen Ansatzes. - 6. Deutung als Ergebnis einer Gruppenübereinkunft. - 7. Nachwirkung einer Gruppenübereinkunft. - 8. Zusammenfassende Interpretation und Diskussion. - 9. Reflexion. - 10. Zusammenfassung. - Kondensationsstrategie 1. - Kondensationsstrategie 2. - Topographie des Tastgegenstandes. - Gesamtdeutungsverläufe der Upl Up6. - D-F-A-Kondensate der Upl Up6. - Gesamtdeutungsverläufe der Gruppen. - Gruppe 1. - Gruppe 2. - Gruppe 3. - Gruppe 4. - Gruppe 5. - Gruppe 6. - Formverlaufsanalysen der Gruppen. - Gruppe 3. - Gruppe 5. - Gesamtdeutungslisten der Up7 Up24. - Reduzierte Deutungslisten der Up7 Up24. - Reduzierte Deutungslisten der Upl Up6. - Auswertungsunterlagen Kapitel 7. - Areal 2. - Instruktionen. - 1. Instruktionen für die Gruppen. - 1. 1 Allgemeine Gruppeninstruktion. - 1. 2 Instruktion für die geleiteten Gruppen (Gruppen 2; 4; 5; 6). - 1. 3 Instruktion für die freien Gruppen (Gruppen 1 und 3). - 1. 4 Instruktion für die Einzelsituationen nach den Gruppensituationen. - 1. 4. 1 Instruktion für die geleiteten Einzelsituationen Eg (Upl3 Up21). - 1. 4. 2 Instruktion für die freien Einzelsituationen Ef (Up7-Upl2 und Up22-Up24). - 1. 5 Instruktion für die Personen, die nur einzeln tasten (Upl Up6). - 1. 5. 1 Allgemeine Instruktion. - 1. 5. 2 Instruktion für die geleitet Tastenden (Upl Up3). - 1. 5. 3 Instruktion für die frei Tastenden (Up4 Up6). - Protokollauszug aus dem Protokoll der Gruppe 2.