die Möglichkeit, die Dinge auch anders sehen zu können. In der depressiven Position wird Lebensgeschichte nicht nur ge macht, sondern erzählt, umgeschrieben und erweitert. Zwi schen uns und anderen ist Raum, einander zu verstehen und uns aufeinander im Kontext einer gemeinsamen Geschichte zu beziehen. Das ermöglicht ein Verstehen von Schuld aber auch von Wiedergutmachung und Versöhnung. In dieser Darstellung könnte fälschlicherweise der Ein druck einer Fortschrittsgeschichte entstehen. Eine primitivere Stufe von Erfahrungsstruktur wird durch eine neue ersetzt. Aber dies ist nicht das Bild, das Ogden zeichnet. Für ihn ist die primitivere Stufe nicht nur ein Trittbrett, um zu einer höheren zu gelangen, sondern sie ist wie das Fundament eines Hauses, dessen höhere Regionen, wenn man es abreißt, zusammenfal len würden. Die psychologische Basis für ein gelingendes Le ben ist nicht nur die Erhaltung der verschiedenen Erfahrungs modi, sondern auch ihre Koordination. Erst das massive Über wiegen einer einzigen Position fuhrt zu einem pathologischen Erscheinungsbild. Daß die vorsymbolische Ebene nicht ein fach überwunden werden darf, wenn man nicht Sinnlichkeit im weiten Sinne opfern möchte, versteht sich von selbst. Aber Ogden zeigt auch gegen die kleinianische Tradition, daß auch die paranoid-schizoide Position nicht überwunden werden darf, birgt sie doch die Chance, starke Gefühle zu erleben und Erfahrungen zu machen, die überraschend sind. Die Fähigkeit, das eigene Selbstverständnis durch solche Erfahrungen in Frage zu stellen und diese zu integrieren (depressive Position), macht aus Spaltungen lebensgeschichtliche Lernprozesse. Ogden gelingt es, komplexe psychische Prozesse interes sant zu systematisieren und erfahrungsnah darzustellen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung. - 2. Die Struktur der Erfahrung. - Erleben im depressiven Modus. - Erleben im paranoid-schizoiden Modus. - Der autistisch-berührende Modus der Erfahrungsbildung. - 3. Die autistisch-berührende Position. - Die primitive Organisation der Erfahrung. - Das Wesen empfindungsdominierter Erfahrung. - Autistisch-berührende Erfahrung und pathologischer Autismus. - Das Wesen der Angst im autistisch-berührenden Modus. - Abwehrmechanismen im autistisch-berührenden Modus. - Internalisierung in der autistisch-berührenden Position. - Angst im autistisch-berührenden Modus und die bindende Kraft von Symbolen. - 4. Die schizoide Position. - Schizoide Phänomene. - Die Beiträge von Winnicott und Guntrip. - Veranschaulichung durch ein Beispiel aus der klinischen Praxis: Wenn im Wald ein Baum umstürzt. - 5. Die ödipale Übergangsbeziehung in der Entwicklung der Frau. - Der ödipale Roman der Frau. - Der entwicklungsmäßige Zusammenhang. - Die Übergangsbeziehung. - Psychopathologie und die ödipale Übergangsbeziehung. - Eine Neueinschätzung der Freudschen Darstellung des ödipalen Romans der Frau. - Implikationen bei Übertragung und Gegenübertragung. - Implikationen für die Entwicklung der Geschlechtsidentität. - 6. Die Schwelle des männlichen Ödipuskomplexes. - Die Perspektive Freuds. - Skylla und Charybdis an der Schwelle des männlichen Ödipuskomplexes. - Die Organisation von sexueller Bedeutung. - Beziehungen zum ödipalen Übergangsobjekt. - Klinische Illustration. - Die Abwesenheit eines Dritten. - 7. Das psychoanalytische Erstgespräch. - Die Schaffung analytischer Bedeutung. - Die Aufrechterhaltung psychischer Spannung im Rahmen des analytischen Gesprächs. - Umschriebene Warnung (Cautionary Tales). - Die zeitliche Abstimmung von Übertragungsinterpretationen. - Der analytische Raum. - Ängstliches Fragen. - Das Entstehen einer Geschichte. - Abschließende Bemerkungen. - 8. Verkennung und die Angst vor dem Nicht-Wissen. - Einige Anmerkungen zur Theorie. - Eine Entwicklungsperspektive. - Die Strukturalisierung der Verkennung. - Affektverkennung: Eine klinische Illustration. - Verkennung als Dimension von Eßstörungen. - Psychischer Wandel im Bereich von Erkennen und Verkennen. - Copyrightvermerk (der amerikanischen Originalausgabe).