Auch mit diesem dritten Band der Trilogie hat mich Anne Stern wieder vollkommen in den Bann gezogen. Kaum hatte ich die ersten Seiten gelesen, war ich erneut in dieser besonderen Atmosphäre gefangen zwischen Musik, politischen Umbrüchen und persönlichen Konflikten. Es ist, als würde man alte Freunde wiedersehen, mit all ihren Ecken, Stärken und Schwächen.
Was mich besonders berührt hat, war erneut der herausragende Schreibstil der Autorin. Anne Stern erzählt mit einer solchen Feinfühligkeit und emotionalen Klarheit, dass ich das Buch kaum zur Seite legen konnte. Ihre Sprache ist poetisch, aber nie überladen sie trifft genau den Ton, der den Figuren Tiefe verleiht und historische Ereignisse lebendig macht. Oft hatte ich das Gefühl, selbst inmitten der dampfenden Straßen Dresdens zu stehen oder mit Elise am Klavier zu sitzen. Ihre Worte malen Bilder, die lange im Gedächtnis bleiben.
Elise selbst ist für mich eine der eindrücklichsten Frauenfiguren, die mir in der historischen Literatur begegnet sind. Ihre inneren Konflikte zwischen dem geordneten Leben an der Seite ihres Mannes Leopold und den unausgesprochenen Gefühlen für Christian waren so menschlich und nachvollziehbar erzählt, dass ich regelrecht mitgelitten habe. Es ist dieser stille Schmerz, diese Zerrissenheit, die mir noch lange nachging.
Auch Julius Liebesgeschichte mit Rahel fand ich besonders gelungen nicht nur, weil sie romantisch ist, sondern weil sie mutig gesellschaftliche Grenzen in Frage stellt. Rahel hat mich mit ihrer Klugheit und ihrem Freiheitsdrang sofort fasziniert. Sie steht für all die Frauen, die mehr wollten als die Rolle der braven Tochter oder Ehefrau. Dass sie für ihre Überzeugungen einsteht, obwohl sie dadurch viel zu verlieren hat, hat mich tief beeindruckt.
Der Brand des Hoftheaters ist ohne Zweifel der dramatische Höhepunkt und Stern beschreibt ihn so eindringlich, dass ich beim Lesen den Atem angehalten habe. Diese Katastrophe steht sinnbildlich für einen Moment des Übergangs, in dem nicht nur Gebäude, sondern ganze Lebensentwürfe ins Wanken geraten. Und doch keimt daraus etwas Neues: Hoffnung, Wandel, vielleicht auch Vergebung.
Mein Fazit: Dieser Roman ist viel mehr als ein historisches Porträt einer Stadt er ist ein bewegendes Stück Zeit- und Familiengeschichte, geschrieben mit außergewöhnlichem Gespür für Charaktere, Stimmungen und leise Zwischentöne. Ich bin wieder einmal tief beeindruckt, wie kunstvoll Anne Stern Geschichte und Gefühl miteinander verwebt. Ein würdiger Abschluss der Trilogie und ein Buch, das lange nachhallt.