Ein Krimi der nicht so blutrünstigen Art, das verspricht Elke Heidenreich auf dem Aufkleber. Wer also Verfolgungsjagden, Grausamkeiten, Leichenberge und einen spannenden Show-down mag, wird nicht zu diesem Krimi greifen. Wobei man sich darüber streiten kann, ob der Roman zum Genre Krimi gehört.
Elisabeth, die Protagonistin, ist eine Versicherungsangestellte und wohnt mit ihrem Mann im kleinen Haus ihrer verstorbenen Großmutter. Und dieses kleinbürgerliche Leben ändert sich schlagartig durch zwei Ereignisse. Das eine ist der Regen, der in einen heftigen Starkregen umschlägt und Elisabeth in ihrem PKW auf dem Parkplatz festhält. Hier beobachtet sie, dass ein Mann vor ihrem Wagen zwei Taschen abstellt und dann wegfährt. Elisabeth entscheidet sich, die Taschen an sich zu nehmen. Das zweite Ereignis ist die Tatsache, dass der Starkregen eine Überschwemmung ausgelöst hat, die ihr Häuschen zur Hälfte mitgerissen hat. Mit ihrem Mann darin? Elisabeth ist es egal. Inzwischen weiß sie, dass die Taschen voller Geld und Diebesgut stecken. Sie entschließt sich, ihrem Leben eine radikale Wendung zu geben: sie fährt in den Süden und will sich neu erfinden.
Jeder Romananfang ist natürlich ein Konstrukt, aber hier fragt man sich doch, wieso der ominöse Mann zwei Taschen mit so kostbarem Inhalt im Regen stehen lässt? Vertrieb ihn das Martinshorn, das in weiter Ferne zu hören ist? Und Elisabeth wird nun selber zur Diebin?
In der Tradition eines Schelmenromans wird Elisabeths Flucht in ein anderes Leben erzählt. Da reihen sich einige Merkwürdigkeiten aneinander. Ein roter Kater wird ihr Begleiter und freundet sich innig mit der Kuh Emma an, während Elisabeth Magddienste auf einer idyllischen Alm verrichtet. Immer wieder wird sie verfolgt von zwei Männern in schwarzen Anzügen und handgenähten Schuhen aus Italien, eine neue Liebe bahnt sich an, der Weg führt zusammen weiter in den Süden Italiens, und dazwischen erscheint ihr immer wieder ein alter Mann, dessen Gesicht die Falten einer Wüstenrose hat und von einer geheimnisvollen Tiefe und von exotischer Schönheit ist, männlich und sinnlich. Was mag es mit diesem Mann auf sich haben?
Die Sprache der Autorin hat durchaus poetische Züge, aber schrammt immer wieder an der Trivialität vorbei, was mir den Zugang zur Handlung zusätzlich erschwerte. Dennoch: der Roman wird seine Liebhaber finden, die Freude an schön erzählten Situationen haben und Elisabeths Weg in ein neues Leben gerne verfolgen.
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