Gabriele Hoffmann, Harry & Pooh 2007/2008
"Man kann darüber streiten, ob es sich bei diesem Buch auch um ein Kinderbuch handelt. Doch gerade ernste und existentielle Themen wie der Tod berühren auch Kinder tief. Sie sind nicht schnell oder mal eben im Vorübergehen zu verhandeln, sondern bedürfen einer sensiblen Einlassung. Genau dafür stehen Kunstwerke, weil uns nicht selten für das Unaussprechliche die Worte fehlen. Bilder können dann, wenn sie als Folien gesehen werden, dabei helfen, Entgrenzendes auszudrücken. Und eben dies tun Erlbruchs Bilder, wenn wir uns denn auf sie einlassen, die zeichnerischen wie die sprachlichen. Die Geschichte ist schlicht, ganz dem Thema angemessen: Die Ente trifft den Tod, der sie in tiefere wie auch belanglose Gespräche verwickelnd eine Zeit lang begleitet, den ganzen Sterbe-Prozess hindurch von der anfänglichen Ablehnung, über die Verdrängung, eine zwischenzeitliche Hochstimmung, Phasen metaphysischer Auseinandersetzung, allmählicher Akzeptanz, bis ihr eines Abends kälter wird und der Tod sie mitnimmt zum großen Fluss. Der Text begleitet den schwierigen Prozess des Abschiednehmens, des Sterbens und des Todes in ganz einfachen Worten, wie ""Ich bin der Tod"". Erlbruch formuliert stets metaphorisch, da der Tod Sterbende ja wirklich weg und hinüberträgt, z. B. mit dem Topos des großen Flusses oder schon mit dem ersten Satz: ""Schon länger hatte die Ente so ein Gefühl"". Zuweilen wirkt das wie ironisch lächelnd, doch nie zynisch, sondern die Schlichtheit deckt fast liebevoll unangemessene Projektionen auf, wie in der langen Unterhaltung über Enten-Engel oder den Schluss-Satz ""Aber so war das Leben"". Beeindruckend und auch für Kinder gut nachvollziehbar an diesem Buch sind aber natürlich vor allem die Bilder. Die unterschiedlichen Haltungen der Ente etwa, bis ihr der Tod begegnet, fangen das ganze Hin und Her, das ""Ich-weiß-nicht"" von jenem ""so ein Gefühl"" ein, mit dem der Text beginnt. Die Bilder bieten eben jene Räume, die nötig sind, Emotionen, Fragen, Zweifel und innere Kämpfe der Ahnung artikulieren zu können. Selten zeigen die Bilder mehr als diese Gesten, der Ausdruck ist auf das Wesentliche reduziert. Doch in ihnen spielt sich die ganze Bewegung der Auseinandersetzung mit dem Tod ab, wie auch in den Folgebildern, die Ente und Tod in unterschiedlichen Gesprächs- oder Zuwendungs-Haltungen zeigen. Wunderbar sind einzelne andere Bilder, vor allem das in der Mitte, als die Ente ganz anschmiegsam-warm den etwas verklemmt steifen Tod wärmt. Und natürlich das vorletzte Bild, in dem der große Fluss - die Ente hat er bereits mit sich fort genommen - wie eine Frage, die auch der Tod nicht beantworten kann, aus dem Bild heraus fließt. Auch hier dürfen wir uns trauen intensiv hinschauen, dazu lädt das Buch Erwachsene wie Kinder ein. Angesichts des Todes müssen wir dann nicht mehr sprachlos bleiben."