Ikea, Quelle, Aldi - viele westliche Firmen ließen in der DDR produzieren. 250 ostdeutsche Betriebe beschäftigten neben »freien« Arbeitern aber auch Häftlinge, darunter politische Gefangene. Diese verdienten daran kaum - den Profit machten die Westkonzerne sowie SED-Firmen als Zwischenhändler.
Möbel, Strumpfhosen, Schreibmaschinen, Fotokameras, Werkzeugkästen und Motorradteile stammten ganz oder teilweise aus Haftanstalten wie Halle oder Hoheneck, Bautzen oder Brandenburg. Das Versandhaus Neckermann etwa bezog Fernseher, der Stahlkonzern Mannesmann Eisenwaren und die Drogeriekette Schlecker Haushaltskerzen, die von Gefangenen gefertigt worden waren. Zumindest der Konzernleitung von Quelle war bekannt, dass Häftlingsarbeiterinnen die von ihr vertriebene Bettwäsche genäht hatten.
Die preisgünstige Ware wurde ebenso nach Westeuropa wie in den Nahen Osten verkauft. Industrie und Handel sahen angesichts niedriger Produktionskosten in der DDR über die Arbeitsbedingungen hinweg. Die Bundesregierung wollte in den achtziger Jahren zwar die DDR-Importe von Möbeln und Strumpfhosen drosseln, doch nur zum Schutz der heimischen Wirtschaft. Dabei war längst bekannt, dass Gefangene diese Waren fertigen mussten.
Charakteristisch für die Arbeit von politischen Häftlingen in DDR-Gefängnissen war, dass sie zusammen mit Kriminellen arbeiten mussten. Sie hatten mehr als »freie« Beschäftige zu leisten, verdienten aber wesentlich weniger als diese. Vielfach brachten veraltete Maschinen sie dabei in Lebensgefahr oder ruinierten ihre Gesundheit.
Tobias Wunschik belegt mit neuen Aktenfunden, wie die Gefangenen ausgebeutet wurden und welche Firmen davon profitierten. Er beschreibt das Geschäft mit der Ware aus den DDR-Haftanstalten als Teil des innerdeutschen Handels.
Inhaltsverzeichnis
1;Cover ;1 2;Title Page ;4 3;Copyright ;5 4;Table of Contents ;6 5;Body ;8 6;1 Einleitung;8 7;2 Der Arbeitseinsatz von Gefangenen;22 7.1;2.1 Konzeption und Prioritäten;22 7.2;2.2 Schwerpunkte des Arbeitseinsatzes und Zahl der Häftlingsarbeiter;27 7.3;2.3 Arbeitseinsatz innerhalb und außerhalb der Gefängnismauern;40 7.4;2.4 Strukturelle Probleme;44 7.5;2.5 Die Amnestien;50 7.6;2.6 Die Betriebsangehörigen als Feind und Freund;58 8;3 Die Arbeitsbedingungen;68 8.1;3.1 Politische und kriminelle Häftlinge;68 8.2;3.2 Arbeitszeiten und Schichten;73 8.3;3.3 Arbeitsschutz;78 8.4;3.4 Unfälle;83 8.5;3.5 Motivation der Gefangenen und Zwangsmaßnahmen;92 8.6;3.6 Streiks und Sabotage;98 8.7;3.7 Die Entlohnung der Gefangenenarbeit;105 8.8;3.8 Normerfüllung;114 9;4 Der Westexport der Produkte aus Häftlingsarbeit;120 9.1;4.1 Die deutsch-deutschen Wirtschaftskontakte in der Ära Honecker;120 9.2;4.2 Sofas aus Waldheim die Rivalen Kamprad und Lämmerzahl;132 9.3;4.3 Zement aus Rüdersdorf belieferten Häftlinge die Senatsreserve von Westberlin?;166 9.4;4.4 Strumpfhosen aus Hoheneck Sayonara bei ALDI, Petit Chat bei Woolworth;202 9.5; 4.5 Werkzeugkästen aus Halle als Exportschlager Stasi in die Produktion ;215 9.6;4.6 Küchenherde für Quelle, Fernseher für Neckermann weitere Haftanstalten, Betriebe und Abnehmer von Waren aus dem DDR-Strafvollzug;224 9.7;4.7 Blutplasma aus Gräfentonna;255 9.8;4.8 Das Bekanntwerden der Westexporte aus der Häftlingsarbeit, die Rolle der Staatssicherheit und die Treuhandstelle für den Interzonenhandel;269 10;5 Zusammenfassung;296 11;Anhang ;308 11.1;Tabelle 17: Haftorte mit Arbeitseinsatz von Gefangenen (197389);309 11.2;Abkürzungen;350 11.3;Literaturverzeichnis;354 11.4;Verzeichnis der Abbildungen;367 11.5;Verzeichnis der Tabellen;369 11.6;Register der Orte, Firmen und Institutionen;370 11.7;Angaben zum Autor ;385 12;Back Cover ;390